Im Mittelpunkt des DV-Podiums 2014 standen die Leistungsverträge

Von Norbert Schmuck

In seinem Einführungsreferat zur Podiumsveranstaltung der diesjährigen SZB-Delegiertenversammlung brachte es SZB-Geschäftsführer Matthias Bütikofer auf den Punkt: Wenn es dem Sehbehinderten- und Blindenwesen gelingt, glaubwürdig aufzuzeigen, was es mit seinen Leistungen bewirkt und gegen aussen kompakt kommuniziert, bestehen reelle Chancen, mittelfristig mit den neuen Leistungsverträgen den Status quo zu halten, wenn nicht sogar höhere Beiträge zu erwirken.

Schon in den 1980er-Jahren waren die Leistungsverträge ein Thema. Im Fahrwasser des News Public Management ging auch in der Schweiz der Staat dazu über, gewisse Leistungen nicht mehr selber zu erbringen, sondern an private Träger zu delegieren. In den letzten 20 Jahren hat sich in diesem Kontext die Zivilgesellschaft stark entwickelt. Diese an sich positive Entwicklung führte, so Bütikofer, wohl zu einer Minimierung des staatlichen Verwaltungsaufwandes, aber auch zu einer Zunahme der staatlichen finanziellen Beiträge an private Träger.

In Zukunft wohl keine Besitzstandswahrung

Ferienwoche des SZB: Eine freiwillig Begleiterin führt eine blinde Person. Bild: UCBA

Ferienwoche des SZB: Eine freiwillig Begleiterin führt eine blinde Person. Bild: UCBA

Das Bindeglied im Private-Public-Partnership sind die Leistungsverträge und damit die  Fokussierung auf die Leistungen und Leistungsmengen als Gegenleistungen für die Finanzhilfe. Politik und Staat wollen wissen, welche Leistungen erbracht und wie sie definiert werden. Garantierte die IV bei der Einführung der Leistungsverträge im Jahre 2001 noch den historischen Besitzstand, so prognostiziert Bütikofer ab dem Jahr 2019 – nicht zuletzt auf Druck der Politik – Veränderungen: „Das Besitzstandsprinzip wird zurückgebaut, da lege ich meine Hand ins Feuer!“

In den neuen Leistungsverträgen, die nächstes Jahr in Kraft treten, sieht Bütikofer gewissen Risiken, aber auch Chancen. Die Leistungsverträge haben bereits dazu geführt, dass die Sehbehindertenorganisationen näher zusammenrückten, Leistungen einheitlich definierten und die Zusammenarbeit verstärkten. Zudem wurden neue Beschaffungskanäle gesucht und gefunden, wie verstärktes Marketing und intensivere Mittelbeschaffung. Im Moment stellt Bütikofer nach wie vor einen gewissen Reputationsverlust des Blindenwesens sowohl in der Bevölkerung, der Politik und Verwaltung fest. Es werde in diesen Köpfen oft als „wilder Haufen“ mit Doppelspurigkeiten wahrgenommen, das sich überdies untereinander selbst bekämpft, anstatt sich gegenseitig zu stärken. Auch die teils nach wie vor vorhandenen Interpretationsspielräume bei den Controllingvorgaben machten Organisationen angreifbar, was aber für alle leistungsvertragsnehmenden Organisationen gelte.

Optimistischer Blick
„Es besteht aber auch die Chance, den Nutzen unserer Leistungen glaubhaft aufzuzeigen und zu kommunizieren. Wir müssen den begonnenen Weg weiterführen, Ordnung in unser System zu bringen und dies der Bevölkerung, der Politik und Verwaltung erklären. Auch Ängste um die Autonomie, zum Beispiel von Unterleistungsvertragsnehmern, sind abzubauen.“ Neu fordere das Bundesamt für Sozialversicherungen BSV eine Leistungskoordination im Blindenwesen. Die Folgen könne er erst schwer abschätzen. Doch wir haben genug Potential an talentierten Köpfen, um Wege zu finden, künftig mindestens gleich hohe, wenn nicht sogar höhere Beiträge zu erhalten.“

Transparenz und Zusammenarbeit sind wichtig
Die nachfolgende Podiumsdiskussion wurde von SZB-Präsident Stefan Zappa geleitet. Susanna Wittwer, Vorsitzende der Geschäftsleitung des BBZB Bern, Thomas Dietziker, Direktor Sonnenberg Baar, Kannarath Meystre, Generalsekretär des SBV Bern und Stefan Kaune, Geschäftsführer, SBH Basel sind direkt mit den Folgen der Leistungsverträge konfrontiert. Schnell zeigte sich, dass die Ausgangslage der einzelnen Einrichtungen ganz unterschiedlich ist: Unterschiedliche Kostendeckungsgrade wie Verhandlungspartner für die Leistungsverträge – teilweise existieren bis zu 11 unterschiedliche Verträge – spiegeln die Komplexität des Themas. Sie waren sich einig, dass die fachlichen und betriebswirtschaftlichen Herausforderungen steigen werden. Kompetenz, Transparenz, Innovation und Qualität seien gefragt. In Sachen Qualität habe die Schweiz allerdings in einzelnen Bereichen im Vergleich zum Ausland Nachholbedarf. Betont wurde, dass die Interessenvertretung unbedingt auch regional und kantonal erfolgen müsse. Und es gelte, den Fokus auf die Betroffenen zu richten und nicht auf den Vorteil eigener Interessen. Nur durch intensive Zusammenarbeit auf allen Ebenen könne das Sehbehindertenwesen mit der nötigen Stärke und Überzeugung auftreten.