Christina Fasser, Leiterin von Retina Suisse, und Dr. André Assimacopoulos, Präsident der ABA und des SZB, geben Auskunft

1. Warum haben Sie sich entschieden, das Co-Präsidium für den Verein „Nein zum Abbau der IV“ anzutreten?

Die Vorlage ist so einschneidend für Menschen mit schweren Behinderungen, dass wir alles tun wollen, dass deren Situation nicht verschlechtert wird. Auf der anderen Seite scheinen uns die Zugehörigkeit zu zwei unterschiedlichen Sprachregionen und eine starke Gewohnheit, zusammen zu arbeiten, als eine optimale Konstellation für dieses Co-Präsidium.

2. Der Verein besteht aus 45 Organisationen. Wie beurteilen Sie die bisherige Zusammenarbeit?

Exzellent, denn alle Organisationen haben dasselbe Ziel: einen weiteren Abbau der IV-Leistungen zu vermeiden, ohne langfristig deren Existenz zu gefährden.

3. Sie sind beide Leiter einer Organisation aus dem Sehbehindertenwesen. Haben Sehbehinderte in der „Behinderten-Bewegung“ eine spezielle Rolle?

Nein, sie sind Teil der gesamten Bewegung und arbeiten mit allen anderen Organisationen auf ein gemeinsames Ziel hin: die soziale Eingliederung der behinderten Menschen.

4. Der Verein beklagt das Massnahmenpaket 6b als „reine Abbauvorlage“. Womit begründen Sie diese Haltung?

Die Vorlage sieht eine Reduktion der Kinderrenten, eine abgestufte Rente für die schwer behinderten Menschen mit einer Arbeitsunfähigkeit von 60 bis 80%, sowie eine Reihe weiterer einschneidender Massnahmen im Bereich der Integration vor. Dieser Abbau bedeutet für einen Menschen mit einem Invaliditätsgrad von 75%, der heute eine 100%-Rente bezieht, einen Abbau der Rente um nahezu 35%, und das nicht nur auf der IV-Rente, sondern auch auf den Leistungen der Pensionskasse. Gemäss den publizierten Daten hilft dieser einschneidende Abbau, dass die IV statt im Jahr 2029 im Jahr 2025 saniert sein wird.

5. Besonders betroffen sind ja auch Kinder von IV-Rentnern und Rentnerinnen. Welche Auswirkungen hätte ein Erfolg der Vorlage?

146’000 Kinder von 60’000 Familien bekommen eine Kinderrente. Da nicht nur die Kinderrente, sondern auch das Einkommen gekürzt wird, aus dem sich die Kinderrente berechnet, handelt es sich dabei um eine doppelte Kürzung. Die Kinderrente wurde eingeführt, um zu vermeiden, dass die Kinder unter der Behinderung des Elternteils leiden müssen. Es ist also eine Art Familienzulage und fällt weg, sobald die Kinder erwachsen sind.

6. Was ärgert sie persönlich am meisten an der Vorlage?

Sie ist unnötig, denn mit den bereits ergriffenen Massnahmen zu Lasten der behinderten Menschen kann die IV bis 2029 saniert werden.

7. Was wünschen Sie sich am meisten in der nächsten Zeit?

Dass die behinderten Menschen, ihre Angehörigen und Freunde zusammen halten und gemeinsam die Vorlage bekämpfen.