Liebe Leserin, lieber Leser,

Seit bald zehn Jahren ist die Invaliden-Versicherung (IV) der Schweiz ein Dauerpatient. Immer wieder versuchen Bundesrat und Parlament, mit unterschiedlichen Massnahmen die Versicherung zu sanieren, die mit rund 15 Millarden Franken (Ende 2010) den Bürgern Kopfzerbrechen bereitet – und die doch Menschen mit Krankheiten, Behinderungen oder anderen Einschränkungen helfen soll.

An zwei Stellen lässt sich nun der Hebel ansetzen: Eine Strategie zielt darauf ab, möglichst viele IV-Empfänger wieder oder überhaupt in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Dies wird von fast allen Behindertenorganisationen auch nachdrücklich unterstützt. Wobei es stark darauf ankommt, mit welchen Instrumenten und unter welchen Voraussetzungen Eingliederung in den Arbeitsmarkt geschehen soll – darüber lesen Sie in unseren Fachbeiträgen auf S. 10 und 11. Die zweite Strategie – und von ihr handelt das anstehende Massnahmenpaket 6b – zielt vor allem auf Kürzungen ab. Gegen diese Zumutung hat sich im Behindertenwesen eine starke Front gebildet. Gemeinsam will man die Vorlage bekämpfen, zur Not auch bis hin zum Referendum. Dazu beziehen auch die neu gewählten Präsidenten des Vereins „Nein zum Abbau der IV“, Christina Fasser und Dr. André Assimacopoulos, in einem Interview Stellung (S. 12).

Hindernisse im öffentlichen Raum und Leitlinien am Bahnhof sind die Themen, die man gemeinhin mit der Kampagne „Tag des Weissen Stockes“ in Verbindung bringt. Zum ersten Mal haben die Selbsthilfe-Organisationen in diesem Jahr ein Thema gewählt, das überraschen mag. Sie wandten sich mit ihrem Appell an Grafiker, Architekten und Büroeinrichtungen: Kleine Schriften, grosse Probleme. Gute Information muss für alle lesbar sein! (S. 16).

Wer sich noch die letzte Ausgabe von tactuel erinnert, weiss: Der SZB hat neue Schätzungen vorgelegt, wie hoch die Zahl der blinden und sehbehinderten Menschen in der Schweiz tatsächlich ist. Nun können wir Ihnen gemeinsam mit dem aktuellen Heft auch unsere Publikation präsentieren: „Sehbehinderung und Blindheit: Entwicklung in der Schweiz“ argumentiert schlüssig und eindrücklich, weshalb wir mit über 300’000 sehbehinderten Menschen rechnen können – und stellt dar, wie sich diese Zahl auch in den kommenden Jahren entwickeln wird.

Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre.

Ann-Katrin Gässlein, Redaktorin