Sehbehinderte Kinder können und sollen Sport treiben. Der Sportunterricht erfordert allerdings Konsequenz, Umsicht und Wille.

Von Denise Cugini

Heutzutage bewegen sich die Kinder oft zu wenig, und die Schwierigkeiten im Zusammenhang mit Sehbehinderungen verstärken diese Bewegungsarmut zusätzlich. Daher ist es unerlässlich, dass sehbehinderte Kinder die Bewegungsmöglichkeiten vermittelt bekommen, die sie selber im Raum nicht erkennen können. Diese Vermittlung erfordert jedoch viel Fachwissen, Geduld und Professionalität.

Es ist 11.00 Uhr an diesem 3. Juli, und der Sporttag am Centre pédagogique pour handicapés de la vue in Lausanne (CPHV) neigt sich dem Ende zu. Da es in den vergangenen Tagen stark geregnet hatte, musste auf Plan B zurückgegriffen werden, und der Anlass wurde vom Stade de Coubertin ins Schulgebäude verlegt. Der Untergrund wurde nämlich zu glitschig und die Verletzungsrisiken damit zu gross. Es konnten keine der geplanten leichtathletischen Disziplinen durchgeführt werden, stattdessen wurden Wettkämpfe in der Turnhalle veranstaltet. Und wenn man die fröhlichen Gesichter der Kinder sah, war der Austragungsort an sich scheinbar auch gar nicht so wichtig.

Sportunterricht im Alltag

Während des Jahres besuchen alle Kinder einmal wöchentlich den Turn- und Schwimmunterricht. Die Ziele werden dabei auf die Möglichkeiten der einzelnen Kinder abgestimmt. Ein sehbehindertes Kind kann mittels mehr oder weniger weitreichender Anpassungen fast alle Sportarten ausüben. Vom Skifahren über Gymnastik, Leichtathletik, Schwimmen, Ballsport, Kampfsport bis hin zum Tanzen etc. «Wichtig ist, dass man stets flexibel reagiert», erklärt Stéphanie Conti, diplomierte Sportlehrerin der Universität Lausanne mit Spezialgebiet behindertengerechter Sport. Als Sportlehrerin für blinde und sehbehinderte Kinder zu arbeiten ist eine anspruchsvolle Aufgabe, denn jedes Kind hat seine eigenen Möglichkeiten und Bedürfnisse. Nebst den bekannten positiven Wirkungen fördert Sport auch die Motorik, die Autonomie, die Vertrautheit mit der eigenen Umgebung sowie das Selbstvertrauen.

Und wenn nun ein Kind unsportlich ist? «Die Herausforderung besteht darin, das Kind für etwas motivieren zu können», so Stéphanie Conti weiter. Beispiele für an Sporttagen durchgeführte Disziplinen:

  • Auf Zeit: im Slalom mit einem grossen Ball um Kegel dribbeln
  • Ballwurf und Kugelstossen
  • Weitsprung
  • Seilhüpfen
  • Ausdauer und Sprint
  • Staffellauf

Der Sporttag – sich selber herausfordern

Man kann nicht Kinder verschiedenen Alters mit ganz unterschiedlichen Behinderungen in einem Wettkampf gegeneinander antreten lassen. Daher messen sich die Kinder mit sich selber. «Während drei Monaten übt sich das Kind in verschiedenen Disziplinen, die Jahr für Jahr durchgeführten werden. So wird es dazu motiviert, sich ständig zu verbessern und auch seine Entwicklung lässt sich dabei gut beobachten», schliesst Stéphanie Conti. Das gemeinsame traditionelle Essen findet neben dem Stade de Coubertin statt. Ferner wird jedes Kind ausgezeichnet – eine Zeremonie, die ebenfalls nicht zu kurz kommen darf. Solche Anlässe erfüllen sowohl die Kinder als auch deren Eltern mit Stolz, was noch wichtiger ist als jede Auszeichnung.

Laufsport für und mit Sehbehinderten

Seit 2006 bietet der Verein Lauftreff beider Basel Lauftrainings für sehbehinderte Personen an. Ziel dieses Angebots ist es, Blinden und Sehbehinderten den Spass am Laufsport zu vermitteln und sie damit besser in unsere sehende Gesellschaft zu integrieren. Nicht selten gipfelt das Training in der Teilnahme an Volksläufen – für alle Beteiligten jeweils ein beeindruckendes Erlebnis. Zu den Lauftrainings in Basel sind Interessierte zwischen 15 und 75 Jahren herzlich eingeladen. Im Jahr 2009 hat unser Verein das Trainerhandbuch Laufsport für und mit Sehbehinderten herausgegeben.

www.lauftreff.ch