Welche Betriebe beschäftigen in der Schweiz sehbehinderte oder blinde Menschen?

von Petr Chudozilov

In der Zusammenarbeit mit den Arbeitgebern machen wir die Erfahrung, dass eine offene Grundhaltung der direkten Vorgesetzten ein zentraler Erfolgsfaktor ist. Und dass Betriebe mit sehbehinderten Mitarbeitenden häufig bereit sind, erneut sehbehinderte Menschen einzustellen.

Egal ob Klein- oder Grossbetrieb – die Grundeinstellung des direkten Vorgesetzten spielt eine zentrale Rolle: Stellt der Arbeitgeber grundsätzlich die Kompetenzen des sehbehinderten Arbeitnehmers in den Vordergrund, oder wird die Sehbehinderung vor allem mit Defiziten oder potenziellen Problemen assoziiert? Ist der Arbeitgeber grundsätzlich bereit, sich über Hilfsmittel und kompensatorische Arbeitstechniken informieren zu lassen, oder werden nur ein möglicher Mehraufwand und allfällige Investitionen gesehen, herrscht nur Befürchtung vor einer Überforderung?

Die Erfahrungen zeigen, dass der „typische Arbeitgeber“ weniger an Merkmale wie Gross-, Mittel- und Kleinbetrieb oder an Branchen gebunden ist. Vielmehr hängt es an der grundsätzlichen Bereitschaft, die Ressourcen eines Mitarbeiters zu sehen und sich auf eine neue, vielleicht ungewohnte Situation im Betrieb einzulassen. Die günstigste Ausgangssituation besteht bei langjährigen, gut im Betrieb integrierten Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern, die neu oder zunehmend mit einer Sehbehinderung konfrontiert sind: Der Arbeitgeber hat einen persönlichen Bezug zur sehbehinderten Person und kennt deren fachliche und soziale Kompetenzen aus der bisherigen Zusammenarbeit. Da die meisten Arbeitgeber keine Erfahrungen mit Sehbehinderung im Arbeitskontext haben, ist die offene Information von der Betroffenen über die Sehbehinderung, deren Auswirkungen auf die Arbeitsweise sowie über Hilfsmittel und kompensatorische Arbeitstechniken von grosser Bedeutung.

Bei Neuanstellungen machen wir häufig die Erfahrung, dass potenzielle Arbeitgeber bereits eigene Erfahrungen mit Behinderten – sei es im beruflichen oder privaten Kontext – gemacht haben. Oder sie haben von positiven Erfahrungen in Partnerbetrieben und in ihrem beruflichen Netzwerk gehört. Viele dieser Arbeitgeber sind zudem in Netzwerke eingebunden, die von IV-Stellen, IV-Institutionen oder von privaten Initiativen wie „Die Charta“ in der Nordwestschweiz gepflegt werden. Bei Betrieben ohne Erfahrung in Zusammenarbeit mit Behinderten sind hervorragende Referenzen und persönliche oder soziale Kompetenzen ein häufiger Türöffner für eine Neuanstellung.

Immer wieder überraschend ist unsere Erfahrung, wie wenig die Betriebe über die spezifischen Angebote der IV wie Teilrenten, Einarbeitungszuschüsse oder über die Übernahme von behinderungsbedingten Mehrkosten Bescheid wissen. Hier ist Handlungsbedarf angezeigt! Erfolgreiche berufliche Integration hängt damit an zwei Faktoren: an einer offensiven Information in den Medien und in Berufsverbänden über Erfahrungen mit sehbehinderten Arbeitnehmern, sowie an Informationen über spezifische Kompensations- und Unterstützungsmöglichkeiten.

Petr Chudozilov ist Fachbereichsleiter bei der SBHprofessional Basel, die sehbehinderten und blinden Menschen an bestehen Arbeitsplätzen oder auf dem Weg zu einer neuen Anstellung Unterstützung bietet.