Licht aus dem Monitor und LED-Lampen ist nicht schädlich für die Augen.

von Susanne Trefzer

Nach einem langen Tag im Büro vor dem Bildschirm ist man nicht nur müde, sondern hat Kopfschmerzen. Die Augen brennen. Sind sie durch die Strahlung aus dem Monitor nicht allzu starken Belastungen ausgesetzt? Schliesslich handelt es sich beim Computerbildschirm um ein unnatürliches, hochenergetisches blaues Licht, welches auf die empfindlichen Sehorgane trifft.

Wir erleben in unserem Arbeitsalltag immer wieder, welche Ängste die Menschen umtreibt: Schädigt die lange Arbeit vor dem Bildschirm meinen Augen? Sind die neu installierten LED-Lampen im Monitor nicht gefährlich? Bewirkt das blaue Licht möglicherweise die gefürchtete Makuladegeneration? Das „Heil“ kommt nun in Form von neuartigen Entspiegelungsschichten für Brillengläser daher. Mit diesen Entspiegelungen, so versprechen die Anbieter, soll der schädliche Blauanteil im Licht reduziert und ein entspanntes und angenehmes Sehen ermöglicht werden. Was ist davon zu halten?

Fakten zum „Blaulicht“
Grundsätzlich regelt der Blauanteil unseren Wach- und Schlafrhythmus. Je höher der Blauanteil im Licht ist, desto höher steigt der Serotoninspiegel im Blut an – mit der Folge, dass wir wach werden. Sobald der Blauanteil sinkt – idealerweise bei Sonnenuntergang – wird die Produktion von Melatonin im Blut angeregt, und wir werden müde. Blaues Licht am Tag ist also notwendig für unser körperliches Wohlbefinden und Funktionieren.

Glühlampen – nicht wie Sonnenlicht

In einem Innenraum sind wir immer weniger Blaulichtanteil im Licht ausgesetzt als im Freien. Bild: photocase.com

In einem Innenraum sind wir immer weniger Blaulichtanteil im Licht ausgesetzt als im Freien.
Bild: photocase.com

Noch immer gibt es viele Menschen, die der guten alten Glühlampe nachtrauen, in der Annahme, dass ihr Licht dem natürlichen Lichtspektrum der Sonne am nächsten komme. Das stimmt so allerdings nicht. Weil die Glühlampe den grössten Teil der Energie in Wärme umsetzt, hat sie einen höheren Anteil von rotem Licht und sogar Infrarot- oder Wärmestrahlung. Die „echte“ Sonne jedoch strahlt viel mehr grünes und blaues Licht ab als jede Glühlampe. Abgesehen von der enormen Verschwendung von Energie, welche die Glühlampe verursacht, könnte das Auge auch durch die Wärmeentwicklung geschädigt werden. Wenn Menschen mit Sehbehinderung eine Leuchte mit Glühlampe möglichst nahe an ihren Text und oft auch nahe ans Auge platzieren, können sie Verbrennungen und das Risiko, an Grauem Star zu erkranken, riskieren.

Gefahr der Makuladegeneration?
Je älter ein Mensch wird, desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit, eine Makuladegeneration zu bekommen. Trotzdem gibt es keinen Automatismus: In einigen Familien kommt AMD häufiger vor als in anderen, und einigen Risikofaktoren wie Rauchen, Übergewicht und mangelnder Bewegung kann man vorbeugen.

Makuladegeneration und Alterungsprozess hängen eng miteinander zusammen: Beim normalen Sehvorgang werden in den Zapfen und Stäbchen im Auge unablässig Sehpigmente gebildet und wieder abgebaut. Da unsere Augen tagsüber lange offen bleiben und Licht ständig verarbeitet wird, sammeln sich Abbauprodukte der Sehpigmente, so genannte Lipofuszine an. Für den Abtransport der Stoffwechselabfälle ist die Makula, der schärfte Punkt im Auge, schlecht ausgerüstet. Damit wir in dieser kleinen Netzhautgrube gut sehen können, gibt es dort nur Zapfen und keine Blutgefässe  und die Lipofuszine können nur ungenügend abtransportiert werden.

Durch kurzwelliges blaues Licht werden die Lipofuszine zum Leuchten angeregt; sie sind fluoreszierend. Ihre Abstrahlung und so genannte freie Radikale, hoch reaktive Sauerstoffverbindungen, lassen auf der Makula Drusen entstehen, welche ein erstes Anzeichen für die beginnende Makuladegeneration sind. Doch sind diese Vorgänge Teil des normalen Alterungsprozesses der Netzhaut. Ob jemand im Alter eine AMD bekommt, hängt neben den erwähnten Risikofaktoren auch mit der „Belastung“ durch Sonnenlicht während des ganzen Lebens zusammen. Eine Studie aus Kroatien zeigt: Während unter den Bewohnern der Stadt Zagreb nur 2,5 Prozent von AMD betroffen sind, lag die Rate unter den Fischern und Landarbeitern der Insel Rab bei 18 Prozent.

Braucht es einen speziellen Schutz?
Die Intensität der künstlichen Lichtquellen – seien es nun Leuchtstoffröhren, LED’s oder Energiesparlampen – kommt nie an diejenige des Sonnenlichts heran. Ich habe am Arbeitsplatz beispielsweise eine Beleuchtungsstärke von etwas über 800 Lux. An regnerischen Tagen erhalte ich draussen ohne weiteres über 13‘000 Lux, bei Sonnenschein noch weit mehr. In einem Innenraum wird eine Person immer nur einen Bruchteil der Menge an blauem Lichtanteil aufnehmen, egal wie der Raum ausgeleuchtet ist. Eine LED kann zwar die Netzhaut schädigen, aber nur, wenn man aus kürzester Distanz direkt in die Lichtquelle hineinschaut – was kaum jemand freiwillig machen wird.

Für Personen, die sich viel und lange im Freien aufhalten, ist eine Beschichtung der Brillengläser, die UV bis 40 nm absorbiert, sinnvoll. Eine Blendschutzbrille mit einem blaudämpfenden Glas kann die Kontraste versstärken und die Blendung reduzieren, was ja grundsätzlich auch nicht schlecht ist. Auf jeden Fall reduziert eine Dächlikappe oder ein Hut mit breiter Krempe den Lichteinfall in die Augen. Die neuen Entspiegelungsschichten nutzen jedoch am ehesten den Glasherstellern. Die Schichten reflektieren lediglich 20 Prozent des auftreffenden blauen Lichts. Abgesehen davon, dass wir das blaue Licht auch brauchen, um am Tag wach und konzentriert zu sein, ist der Schutzeffekt sehr klein.

Beim SZB-Ressort Low Vision und optische Hilfsmittel kann eine ausführliche Version der Stellungnahme mit erklärendem Bildmaterial bestellt werden: opt-beratung@szblind.ch