Von Hildegard Aeberhard

Vor etwa zehn Jahren ging es bei mir mit den Augenproblemen los. Zuerst wurde Grauer Star diagnostiziert, der aber glücklicherweise operiert werden konnte. Dann erfolgte 2009 die Diagnose: trockene AMD auf dem rechten Auge. Das hatte sich langsam eingeschlichen; ich war auf verschiedenen Feiern und dachte immer wieder: „Hier herrscht aber schlechtes Licht…“.

Rückkehr zur Selbstständigkeit: Wieder einen Scheck selbst ausfüllen… Bild: Silvie Moroszlay, réhabilitation visuelle

Rückkehr zur Selbstständigkeit: Wieder einen Scheck selbst ausfüllen…
Bild: Silvie Moroszlay, réhabilitation visuelle

Fast zeitgleich stellte mein langjähriger Augenarzteine feuchte AMD auf dem linken Auge fest. Kaum hatte ich die ersten Spritzen erhalten, wurde die trockene AMD auf dem rechten Auge auch feucht. Das hatte zumindest den Vorteil, dass man alle 14 Tage abwechselnd links und rechts spritzen und die AMD zum Stillstand bringen konnte. Der Unterschied war beträchtlich: Ich hatte nur noch schwarz und weiss gesehen, einen riesengrossen Fleck in der Mitte, „Fliegen“ überall, zackige Linien, gewellte Konturen… Nach den ersten Spritzen kamen einzelne Farben wieder. Orange zu sehen gelingt mir bis heute leider nicht.
Mein Augenarzt hat mich auch schnell an die Beratungsstelle des Blinden- und Sehbehindertenverbands in Chur überwiesen. Dort wurde ich von einem Team von Fachpersonen sehr kompetent und freundlich beraten und unterstützt. Ich habe sehr viele Lupen und Sehhilfen ausprobiert. Heute habe ich drei Lupen in ganz unterschiedlichen Stärken. Eine Lupe muss ich ganz nahe ans Auge halten; damit zu lesen ist eine Übungssache, aber es klappt. Am liebsten ist mir die elektronische Lupe: Sie ist sehr einfach in der Bedienung. Wenn man eine Rechnung oder einen Menüplan im Restaurant lesen will, kann man das Formular einfach darunterlegen; auch ein Fixieren ist möglich, um einen ganzen Satz zu lesen, oder Schrägstellen, je nachdem, wie die Sehbehinderung ausfällt.

In der Beratung habe ich auch ein Lesegerät ausprobiert. Dabei sind mir vor Freude die Tränen gekommen – endlich konnte ich wieder etwas lesen! Mit diesem habe ich auch das Schreiben geübt: Geduld war hier gefragt, denn es funktionierte lange nicht; es schien mir, als ob die Hände spiegelverkehrt arbeiten würden. Aber jetzt schreibe ich am Lesegerät und kann zum Beispiel wieder Geburtstagskarten oder Grusskarten schreiben.
Die Hilfsmittelberatung ging noch weiter. Wie viele andere sehbehinderte Menschen habe ich jetzt einen Milestone, mit dem ich Hörbücher auf Daisy-CDs höre. Hilfreich fand ich auch die Handy-Beratung. Da ich seit Jahren unter chronischem Rheuma leide, sind meine Finger sehr steif; ich konnte kaum mehr mit Kugelschreibern und Nähnadeln umgehen. In der Beratung wurde mir ein neues Handy empfohlen, das leuchtende, grosse Tasten hat. So habe ich das SMS-Schreiben gelernt! Zu Weihnachten habe ich ein neues Handy geschenkt bekommen, mit dem ich jetzt auch Bilder mache und versende. Ich bin ganz glücklich darüber, auch an dieser Art von elektronischer Kommunikation teilhaben zu können.

Heute bin ich so viel unterwegs wie nur möglich. Ich bin immer wieder aufs Neue positiv überrascht, wie hilfsbereit und nett die Menschen sind, wenn ich jemanden wegen meiner Sehbehinderung etwas fragen muss, sei dies beim Einkaufen oder auf Reisen. Auch die Teilnahme bei der Selbsthilfegruppe hat mir geholfen, meine Sehbehinderung zu akzeptieren und zu lernen, damit bestmöglich umzugehen. Wenn man mitmacht und sich nicht hängen lässt, ist noch vieles möglich.

Weitere Berichte über Erfahrungen mit Low Vision-Behandlungen lesen Sie unter www.schlechtsehen-gutleben.ch