Rückschau und Berichte über die 16. Weltkonferenz von DBI

Im Mai 2015 fand die 16. Weltkonferenz der Deafblind International DBI im rumänischen Bukarest statt. DBI ist der internationale Dachverband der Organisationen, die sich für die Belange taubblinder und hörsehbehinderter Menschen einsetzen. Über 400 Teilnehmenden aus 50 Ländern tauschten sich über technische Neuerungen, politische Anliegen oder Projekte der Rehabilitation und Sozialberatung aus.

Von Tina Aeschbach und Mäde Müller

): Ein Saal voller Zuhörer und Zuhörerinnen lauscht dem Referenten. Bild: zVg

Aufmerksam werden die Vorträge verfolgt. Bild: zVg

DBI vernetzt Fachpersonen, Forscherinnen und Forscher, Familien, betroffene Menschen und Personen, die Aufklärungsarbeit über Taubblindheit leisten. Ein wichtiges Anliegen von DBI ist die Verbesserung der Dienstleistungen, um gute Lebensqualität für taubblinde Kinder und Erwachsene in allen Altersstufen zu erreichen. Auf den regelmässig stattfindenden Konferenzen stellen Betroffene, Forschender und Praktikerinnen und Praktiker in Workshops und Plenums-Vorträgen ihre Ergebnisse vor. Hier sollen einige ausgewählt werden:

Wie doppelt sinnesbehinderte ältere Erwachsene autonom bleiben

(Autonomy of dual sensory impaired older adults)

Ein Projekt aus den Niederlanden präsentierte in einem Zwischenbericht die Schulung von Pflegepersonal in 30 Pflege- und Altersheimen. Das Ziel war, die Pflegefachpersonen so zu sensibilisieren, dass sie eine Hörsehbehinderung bei den Bewohnerinnen und Bewohnern erkennen und die betroffenen Menschen in ihrer Autonomie unterstützen können. In Kürze liegen erste Ergebnisse dieses Projekts vor, wie Referentin Lieve Roets-Merken erklärte.

„Sensory champions“ werden zu Spezialisten ausgebildet

(Sensory champions as a model for health and social care providers)

Ein Poster zeigt die verschiedenen Möglichkeiten der angepassten Kommunikation beim SZB in der Schweiz. Bild: zVg

Die Präsentation des SZBLIND in Bukarest zur angepassten Kommunikation. Bild: zVg

Die Organisation Sense Uk aus Grossbritannien bildet so genannte „sensory champions“ zum Thema „Erworbene Hörsehbehinderung im Alter“ aus. Nicht das gesamte Personal eines Altersheimes wird geschult, sondern ein bis zwei Personen werden zu „sensory champions“ bestimmt. Nicola Venus-Balgobin erläuterte, wie diese „sensory champions“ spezielle Instruktionen erhalten und Spezialistinnen oder Spezialisten werden: Als Auskunftspersonen für die Kolleginnen und Kollegen sind sie weiterhin von der Projektleitung bei „Sense UK“ betreut.

Mit Usher-Syndrom andere Betroffene begleiten

(Setting up an Usher peer mentor scheme)

Ebenfalls von Sense UK stammt der Ansatz, Personen mit Usher-Syndrom als „peers“ (Mentoren) auszubilden und einzusetzen, wie Ann Copson referierte. Ziel dieses Projekts ist, dass die Mentoren andere Usher-Betroffene im Umgang mit dieser doppelten Sinnesbehinderung begleiten können.

In Online-Kursen wird über Hörsehbehinderung gelernt

(Quick an efficient learning – showcasing our new e-learning module about deafblindness)

Und ein weiteres Projekt aus dem innovativen Inselstaat: Heidi Walsh von Sense UK stellte ein e-learning tool mit aktuell 25 Modulen vor, mit dem Menschen am Computer zum Thema Hörsehbehinderung geschult werden. Aktuell arbeitet Sense UK mit 2‘800 Personen, die an diesem Lernprogramm teilnehmen; die Nachfrage wächst. Eine DVD mit einem Demo-Modul kann bei den Autorinnen dieses Artikels ausgeliehen werden.

Ein Recht auf gute Verdolmetschung

(Interpreting and linguistic rights for tactile sign language users)

Gebärdensprachdolmetscherinnen und –dolmetscher werden nur in wenigen Ländern auch für das Dolmetschen für taubblinde Menschen geschult. Wie Barry-Alan Davey ausführte, beinhaltet die UN-Behindertenrechtskonvention aber drei Paragraphen, die das Recht auf taktile Gebärdensprache thematisieren. Taubblinde Gehörlose haben die gleichen Rechte auf eine gute Verdolmetschung wie sehende Gehörlose – ein Anliegen, für das noch viel Engagement nötig ist.

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Auch die Taubblindenberatung des SZBLIND war auf dem Kongress vertreten. Die Fachpersonen präsentierten ein Poster zum Thema „Angepasste Kommunikation an die individuelle Hörbehinderung und Sehbehinderung ermöglicht den Zugang zu Rehabilitation“: Dazu wurden Abbildungen gezeigt, gute und problematische Beispiele hinsichtlich Licht und Kontrasteinstellungen, Fotos der Bild-Nah-Kamera, Abbildungen, die das „Ablesen“ von Wörtern illustrierten und Beispiele für gelungene und schwierige Schriftbilder sowie Tipps zur Papier- und Schriftauswahl. Dazu konnten verschiedene Angebote des SZBLIND getestet werden, zum Beispiel der Lormhandschuh, die DVD des Films „deathblindtime“ und „Usher im Alltag“ und die Taubblindenuhr.

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Braille lernen – für die Zukunft

(Technical future requires Braille reading)

Wer trotz Taubblindheit Zugang zu Informationen und technischen Errungenschaften haben möchte, braucht Kompetenzen im Lesen der Braille-Schrift. Die schwedische Reha-Fachperson und Braille-Lehrerin Guneli Johansson versuchte, Braille für Gehörlose in einer Gruppe zu unterrichten. Der Unterrichtsraum wurde an visuelle Kommunikation angepasst und fand gemeinsam mit einer blinden Braille-Lehrerin und einer Gebärdensprachdolmetscherin statt. Trotz einiger Schwierigkeiten – so berichtete die Lehrerin, dass nicht alle Gehörlose das Alphabet auswendig beherrschen, da sie eine andere Lesekultur pflegen – brachte der Kurs viel Motivation zu Tage: Dies war vor allem dem Lernen in der Gruppe geschuldet.

Dank Avatar Sehbehinderung erfahren

(Developing deafblind awareness in a virtual world presentation)

Welche Möglichkeiten bietet die virtuelle Welt – wie beispielsweise die Computerspiele secondworld oder world of warcraft, in denen sich Menschen mittels eines Avatars (einer Kunstfigur in einem Computerspiel) bewegen – um über Hörsehbehinderung und Taubblindheit zu informieren? Heidi Walsh zeigte einen Kursausschnitt zum Thema Sehbehinderung, wie man mit Hilfe eines solchen Avatars das Auge „begehen“ und dadurch seine Funktionsweisen kennenlernen kann.

Digitale Anleitungen für alle Sinne

(Improving Lives with technology)

Perez Ruth aus Canada setzt Anleitungen um, die auf dem iPad betrachtet oder angehört werden können. Ihre Anleitungen sprechen alle Sinne an – beispielsweise beim Kuchenbacken: schauen, hören, riechen, schmecken oder berühren. Ihre Anleitungen sind für verschiedene Lebensbereiche geeignet und können auch für Atelier-Arbeiten genutzt werden.

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Die nächste Europäische Konferenz von DBI und ADBN findet vom 5. – 8. September 2017 in Aalborg, Dänemark statt, die nächste Internationale DBI Konferenz 2019 in Melbourne, Australien. Weitere Informationen www.deafblindinternational.org