Schon bei Babies mit wenigen Monaten hilft eine gezielte Therapie

von Denise Cugini

Der Mensch nimmt die Umwelt zu 81% über die Augen wahr. Das Gehirn entschlüsselt und wandelt Informationen in Bilder um. Im ersten Lebensjahr werden die Weichen gestellt. Im CPHV begleitet ein spezieller Früherkennungsdienst sehbehinderte, blinde und sehbehindert-mehrfachbehinderte Kinder ab der Geburt.

Mittwochmorgen, das Telefon des Früherziehungsdienstes für Kinder mit Sehbehinderung (FED) des Centre pédagogique pour handicapés de la vue in Lausanne (CPHV) klingelt. Die Abteilung für Neuropädiatrie des Spitals Fribourg hat bei einem vier Monate alten Kleinkind eine Sehbehinderung diagnostiziert. Zwei Tage später erstellt die Augenklinik in Lausanne eine abschliessende Diagnose. Am darauffolgenden Dienstag besucht Luisa Gallay, Heilpädagogische Früherzieherin und Therapeutin für funktionelles Sehen, die Familie des Kleinkindes. Basierend auf ihren Beobachtungen erarbeitet sie ein auf das Kind und sein Umfeld angepasstes Therapieprogramm, um unverzüglich die funktionelle Sehfähigkeit zu fördern. Dieser schnelle Austausch zwischen den verschiedenen Fachpersonen ist ausserordentlich effizient und funktioniert in der gesamten Westschweiz.

Betreuung von klein auf
Die Seherfahrungen während der ersten Jahre nach der Geburt beeinflussen die gesamte Entwicklung des Sehapparates. Sie fördern sowohl die motorische, sprachliche, kognitive als auch die sozio-affektive Entwicklung. Daher ist es äusserst wichtig, bereits in den ersten Lebensmonaten mit der Therapie zu beginnen. Das Kleinkind mag zwar medizinisch betrachtet sehbehindert oder blind zur Welt gekommen sein, dennoch ist manchmal eine gewisse funktionelle Sehfähigkeit vorhanden, die genutzt werden sollte, um die im Kind schlummernden Fähigkeiten bestmöglich zu fördern. Leider ist es nicht immer einfach, bei einem Kleinkind eine Sehbehinderung zu erkennen, insbesondere wenn diese nicht im Zusammenhang mit anderen motorischen oder geistigen Problemen zutage tritt. Durch gewisse Anzeichen werden Angehörige zwar in Alarmbereitschaft versetzen und suchen einen Spezialisten auf, allerdings machen sich diese Anzeichen für gewöhnlich erst einige Monate nach der Geburt bemerkbar.

Wer braucht welche Unterstützung?
Mittels spezieller und auf das Alter und die Möglichkeiten des Kindes abgestimmter Tests sowie basierend auf Beobachtungen wird eine pädagogische Beurteilung vorgenommen. Beurteilt werden die funktionelle Sehfähigkeit, die Entwicklung des Kindes insgesamt, sein Bedürfnis nach angepassten Hilfsmitteln und Beleuchtung. Falls nötig werden auch weitere Fachpersonen hinzugezogen. Die Therapie umfasst dann verschiedene Bereiche: Sowohl die Sehfähigkeit als auch die anderen Sinne werden stimuliert. Es werden Übungen gemacht, mit denen Fein- und Gesamtmotorik, Fortbewegungsfähigkeiten, Orientierung sowie Ausdrucksfähigkeit verbessert werden sollen. Der Kanton Waadt ist in der privilegierten Lage, über einen auf Sehbehinderungen spezialisierten Früherziehungsdienst zu verfügen, der sich an blinde, sehbehinderte, sowie an sehbehinderte oder blinde Kinder mit Mehrfachbehinderung richtet. Er begleitet die Kinder ab ihrer Geburt bis zum Eintritt in eine für sie geeignete Einrichtung. In der Schweiz betreuen die kantonalen Früherziehungsdienste die Kleinkinder direkt an ihrem Wohnort. Dies ist verglichen mit anderen Ländern ein enormer Vorteil, denn die Fortbewegung mit den Kindern kann sich manchmal als Herausforderung erweisen.

Weitere Informationen: CPHV – Früherziehungsdienst für Kinder mit Sehbehinderung – Avenue de France 30 – Postfach 133 – 1000 Lausanne 7 – Tel. 021 626 87 50 – www.asile-aveugles.ch