Vom Lift zur Herrentoilette

Eine Reportage: Wie der neue TV-Spot gedreht wurde

von Norbert Schmuck

Die Handlung des neuen TV-Spots des SZB spielt sich in einer Herrentoilette ab. Trotzdem steckt nichts Anrüchiges dahinter, sondern eine ganz normale Alltagssituation, die jedem passieren kann. Aber nicht immer ist dann eine blinde Person zur Stelle, die dank ihres Hör- und Orientierungssinnes aus der misslichen Situation helfen kann.

Geübter Blick: Tontechniker und Kamera-Assistent bereiten die hochauflösende Hightech-Kamera für die Aufnahmen vor.
Bild: SZB

Der Warnhinweis  „Achtung, SEHR KALT! Bitte warm anziehen. Am Morgen minus 10 Grad!“ ist von der Agentur gross auf das Dreh-Dispositiv aufgedruckt. Und genau so ist es, als ich um 8 Uhr in der Früh am Drehort unseres neuen TV-Spots eintreffe – saukalt! Dick vermummte, geschäftige Gestalten tauchen aus der Dunkelheit auf, und bei jedem Wort bildet sich dichter Hauch vor dem Mund. Dass der Drehtag ausgerechnet auf den kältesten Dezembertag des Jahres 2012 fällt, war nicht voraussehbar.
Der ideale Drehort für den neuen TV-Spot: die Herren-Aussentoilette des Letzigrund-Stadions in Zürich. Ideales Ambiente, aber leider unbeheizt. Um auftrittstauglich zu werden, muss der zwar moderne aber etwas kahle Raum zuerst einem Facelifting unterzogen werden. Die spiegellose Toilette wird mit passenden Spiegeln sowie diversen Grünpflanzen und Einrichtungsgegenständen versehen. Eine fast wohnliche Atmosphäre entsteht, wäre da nicht die Eiseskälte. Für die Aufnahme-Crew in Winterkleidern kein Problem, für die beiden Darsteller aber ziemlich ungemütlich: Sie müssen in lockerer Freizeitbekleidung vor der Kamera agieren. Die Techniker, die bereits um 7 Uhr mit den Installationen begonnen haben, schaffen es mittels Warmluft bis um 9 Uhr, als die erste Klappe fällt, den Raum auf 14 Grad aufzuheizen. Zum Glück kann man sich zum Aufwärmen in die wohlig warmen VIP-Lounges des Letzigrund-Stadions zurückziehen. Dort haben sich Maske und Requisite installiert. So kommen auch Fussballresistente wie ich in den Genuss einer VIP-Lounge. Welcher Fussballfan kann das schon von sich sagen?

Blinde helfen, wo immer sie können
Blieb beim letzten TV-Spot, der 2010 zum erstem Mal gesendet wurde, ein Lift stecken, geht es bei der neuen Version um einen eiligen Toilettenbenutzer, der zum Händewaschen seinen Ehering abzieht. Bei einer hastigen Bewegung fällt dieser zu Boden und kullert davon. Erschrocken und leicht verzweifelt geht der Mann auf die Suche. Da meldet sich unvermittelt der Mann, der im Hintergrund seine Hände trocknet zu Wort: „Noch etwas weiter hinten – Stop! – dort beim Metallgegenstand müsste er liegen“. Der in doppelter Hinsicht erleichterte Mann findet seinen Ring und bedankt sich. „Keine Ursache“, meint die andere Person, dreht sich um und klappt ihren weissen Stock auf. Sichtlich verblüfft bleibt der sehende Mann stehen, und aus dem Off hört man den Slogan: „Wir Blinden helfen gerne, wenn wir können. Bitte helfen Sie uns auch.“
Der neue Spot knüpft wiederum an die Idee der „Rollenumkehr“ an, mit welcher der SZB aufzeigen möchte, dass betroffene Personen in gewissen Situationen auch einmal im Vorteil sein und Sehenden helfen können. Und dies auch gerne tun, wie der blinde Mann im Spot, der dank Hör- und Orientierungssinn ziemlich genau beschreiben kann, wohin der Ring im Raum gerollt ist. Diese „Rollenumkehr“ taucht auch bei den verschiedenen Füllerinseraten des SZB auf. Und diese Idee stösst sowohl in der Öffentlichkeit wie bei betroffenen Personen auf ein sehr gutes Echo.

Damit der Ring schön rollt
Bis der Ring aber beim Dreh auf die gewünschte Art zu Boden und in die geplante Richtung kullert, muss die Szene fast zwanzig Mal wiederholt werden. Dass es schliesslich gelingt, ist nicht zuletzt einer extra vom Regisseur konstruierten „Holzstartrampe“ zu verdanken. Sie sorgt dafür, dass der Ring exakt auf den Boden auftrifft und davon hüpft. Und dann natürlich hilft auch der Computer bei der Nachbearbeitung des Films mit. Als der Spot abgedreht ist und Regisseur Marco Lutz zum letzten Mal „Cut“ sagt, sind 21 Personen, darunter die beiden Darsteller, Michael Schraner als blinder Mann und Luigi Prezioso als Ehemann 16 Stunden lang professionell und mit viel Enthusiasmus vor und hinter der Kamera im Einsatz. Für einen Spot, der 35 Sekunden dauert.

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TV-Spot noch auf der Homepage zu sehen

Der neue TV-Spot war abwechselnd mit dem alten Spot vom 11. bis 24 Februar 2013 im Fernsehen SRF und RTS sowie den meisten privaten Sendestationen in beiden Sprachregionen zu sehen. Er wird in den nächsten zwei bis drei Jahren jeweils im Februar wiederholt. Bis Ende März ist er auch auf der Homepage www.szblind.ch zu sehen.

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Sehbehindertengerechte Beleuchtung in der Küche

Die Koordinationsstelle für Beleuchtungsfragen des SZB hat in Zusammenarbeit mit Lichtbau GmbH hat ein Merkblatt für eine sehbehindertengerechte Beleuchtung in der Küche herausgegeben. Das Merkblatt gibt Low Vision-Fachleute, Fachleute an Beratungsstellen, Betreuer/-innen im Sehbehinderten- oder Altersheimbereich, Betroffene und deren Angehörige, Lichtplaner/-innen und Elektriker/-innen wertvolle Hinweise.
Mit einer guten Beleuchtung können sehbehinderte und betagte Personen ihr reduziertes Sehpotential besser nutzen. Die Lichtoptimierung ist die einfachste und effizienteste Massnahme, um die Sehschärfe, das Kontrastsehen, die Lesegeschwindigkeit und das psychische Wohlbefinden zu verbessern. Das Merkblatt ist auf deutsch gratis als Download verfügbar. Ab Ende Januar 2013 erscheint es auch in gedruckter Form und kann beim SZB bestellt werden.

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Diskussionsliste für Austausch im Low Vision-Bereich

Am 20. November startete die neue E-Liste des SZB: Diese Liste ist eine Diskussionsplattform in deutscher Sprache, die sich an Low Vision-Spezialistinnen und –Spezialisten richtet – an Low Vision-Trainer, Augenoptiker, Augenärzte und andere Fachpersonen, die in der Rehabilitation sehbehinderter Menschen arbeiten.
Interessierte Fachpersonen können sich beim SZB melden und erhalten eine Einladung zugestellt, welche den Beitritt zur Diskussionsgruppe ermöglicht. Die Themen der E-Liste sind fachspezifisch ausgerichtet und können demokratisch und diskret diskutiert werden. Damit trägt die E-Liste zu einem lebendigen Austausch von Wissen und Erfahrungen unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern bei.