Kampagnentag zum Thema Beschriftungen

„Kleine Schriften – grosse Probleme“ war zum ersten Mal Thema der diesjährigen Aktion „Tag des Weissen Stockes“. Mit einer verfilmten Märchengeschichte und einem facebook-Auftritt hat die Kampagne neue Wege beschritten.

von Ann-Katrin Gässlein

Viele kennen die Situation aus eigener Erfahrung im Alltag: Wichtige Orientierungszeichen auf der Strasse, Schilder und Beschriftungen an Schaufenstern, Tafeln oder Geländern sind nicht oder nur schwer erkennbar. Oft sind Strassenschilder zu hoch angebracht, zu klein geschrieben, nicht beleuchtet oder in einer verschnörkelten Schrift verfasst. Hausnummern lassen sich nur schwer entziffern. Öffentliche Gebäude wie Hotels, Restaurants, aber auch Ämter und Bäder halten mit ihren Beschriftungen zahlreiche „Stolperfallen“ für Blinde und Sehbehinderte parat: zum Beispiel einen Lift, der nur per Touchscreen funktioniert oder elektronische Bedienelemente, die nicht beleuchten, sondern blenden. Und wer kennt nicht Orientierungssysteme an öffentlichen Plätzen oder in Warenhäusern, die zwar gut gemeint, aber unleserlich dargestellt sind?

Vor diesem Hintergrund entstand die Botschaft für den „Tag des Weissen Stockes 2012“: Gute Information muss lesbar, erkennbar und sichtbar sein. Dies nutzt nicht nur sehbehinderten, sondern letztlich allen Menschen. Ein neu gestalteter Flyer mit dem Titel „Sieben goldene Regeln der guten Beschriftung“ fasst die wichtigsten Aspekte kurz und prägnant zusammen:

  • Drucken Sie auf matten Oberflächen und setzen Sie Schilder nur hinter entspiegeltes Glas.
  • Wählen Sie gute Kontraste, vermeiden Sie rote Schriften.
  • Halten Sie sich bei der Schriftgrösse an die Faustregel: 2 cm pro Meter Lesedistanz. Montieren Sie Pläne, Öffnungszeiten und Namensschilder maximal 160 cm über dem Boden.
  • Und verwenden Sie wo immer möglich Reliefschrift oder ergänzen Sie Ihre schriftlichen Informationen mit der Blindenschrift (Braille) – damit auch blinde Menschen informiert sind.

Märchen ohne Auflösung

Die diesjährige Aktion war von mehreren Neuerungen begleitet. So griff die Kerngruppe der Kampagne die inspirierende Idee auf, das Thema der schlechten Beschriftung in Form einer Märchengeschichte zu erzählen. Ein Plakat schildert nun den Zorn eines bösen Zauberers, der über die Menschheit einen Fluch verhängt und alle Schriften kleiner und unschärfer macht – so bleibt auch das Ende des Märchens dem Betrachter verborgen. Die gleiche Geschichte wurde von der Medienfirma Perceptif „auf die Leinwand“ gebannt – als digitaler Video-Clip, der jetzt online auf der Website der Kampagne zu sehen ist: In einer alten Villa in Zürich drehte das Kamerateam mit Schauspielerin Myriam Meyer, die als Märchenerzählerin mit einem geheimnisvollen Buch zu kämpfen hat. Auf dem Pergamentpapier spiegeln sich die Schriften und verschwinden schliesslich.

Aktionen in der Schweiz

In der ganzen Schweiz engagierten sich wieder mehrere Selbsthilfegruppen, um die Kampagne „auf die Strasse“ zu tragen. In Fribourg präsentierten die Mitglieder der Sektion das Dunkelzelt auf dem Herbstmarkt in Grolley, in Lausanne macht die örtliche Sektion im MIGROS-Einkaufszentrum auf das Thema aufmerksam. Auch die Regionalgruppe Nordwestschweiz setzte auf Präsenz im Einkaufzentrum Oftringen, während die Regionalgruppe Wallis den Stockalperpalast in Brig besuchte und die dortigen Beschriftungen unter die Lupe nahm. Einen Rundgang durch das Verkehrshaus in Luzern organisierte die Sektion Zentralschweiz und eine Führung durch die Stadt Basel leitete die Sektion Nordwestschweiz. Andere Gruppen – wie die Regionalgruppen Ostschweiz und Zürich und die Sektionen Graubünden, Neuchâtel, Ostschweiz und Aargau-Solothurn – setzten auf Medienarbeit, häufig einer gemeinsamen Medienkonferenz mit einer Beratungsstelle oder anderen Institution aus dem Sehbehindertenwesen.

Über 40 Mal „Gefällt mir!“

Zum ersten Mal war der Kampagnentag auch in den Social Media präsent. Der facebook-Auftritt www.facebook.com/TagDesWeissenStockes ging einige Tage vor dem Aktionstag online und erreichte im ersten Monat mehrere Dutzend „Gefällt mir“-Einträge. Die Präsenz in den Social Media konnte dank der personellen Unterstützung einiger Lernender beim Schweizerischen Blinden- und Sehbehindertenverband SBV realisiert werden. Mit diesem Schritt wurde versucht, den Tag der Blinden und Sehbehinderten in den neuen Kanälen der digitalen Welt zu verbreiten und bekannt zu machen.

Tag des Weissen Stockes

Am Internationalen Tag des Weissen Stockes – dem 15. Oktober – machen Blinden- und Sehbehindertenorganisationen in der ganzen Schweiz auf die Schwierigkeiten und Bedürfnisse blinder und sehbehinderter Menschen aufmerksam. Der jährliche Kampagnentag wird vom Schweizerischen Zentralverein für das Blindenwesen SZB, dem Schweizerischen Blinden- und Sehbehindertenverband SBV und dem Schweizerischen Blindenbund SBb organisiert.