Smart Home als Hilfe für sehbehinderte Menschen

Sie sehen aus wie Lüsterklemmen, sind aber Mikrocomputer. Die intelligenten Steuerungselemente der Firma digitalSTROM nutzen die bestehenden Stromleitungen im Haus zur Vernetzung aller elektrischen Geräte, Leuchten und Taster. Eine Erfindung für luxuriösen Wohnkomfort, die bald auch für blinde und sehbehinderte Menschen eine echte Hilfe im Haushalt darstellen könnte? Die Hilfsmittelkommission des Schweizerischen Zentralvereins für das Blindenwesen (SZBLIND) wollte es genau wissen und hat den digitalSTROM Showroom in Schlieren besucht.

Das Bild zeigt die Lüsterklemme, die innen mit einer elektrischen Steuerung versehen ist.

Sobald der Wecker klingelt, startet die morgendliche Routine. Das heisst im Fall von digitalSTROM Smart Home: das Badezimmer wird vorgewärmt, das Licht schaltet sich ein, die Kaffeemaschine startet und auch das Radio dudelt auf dem voreingestellten Lieblingssender. Kombiniert mit einer Spracheingabe wie dem System Alexa von Amazon oder Siri von Apple, kann digitalSTROM Licht, Rollläden, Küchengeräte, Heizung etc. ohne Taster, Schalter oder Touchpads, rein über die Stimme des Nutzers, steuern.

Haushaltsgeräte mit Touchpads nicht bedienbar 

Was auf den ersten Blick wie purer Luxus tönt, könnte für blinde und sehbehinderte Menschen zu einer echten Hilfe im Haushalt werden. Dann nämlich, wenn sich beispielsweise Haushaltsgeräte, die nur noch über ein Touchdisplay verfügen, über die Spracheingabe steuern lassen. Viele neu entwickelte Haushaltsgeräte haben heute für Blinde und Sehbehinderte nämlich einen entscheidenden Nachteil: nur wer am Display lesen kann, welche Einstellung gerade angezeigt wird, kann das Gerät bedienen. Mit einem Induktionsherd kann also eine blinde oder sehbehinderte Person unmöglich kochen. Und auch den Backofen aufheizen geht nicht mehr, wenn es keinen Drehknopf gibt, den man mit taktilen Klebepunkten zur Orientierung ausstatten kann.

„Alexa, sag digitalSTROM, ich will frühstücken“. Cornel Durrer, Product Manager bei digitalSTROM, demonstriert, was alles über Sprache steuerbar ist. Nachdem Alexa antwortet „ist erledigt“, startet auf der Kochinsel der Wasserkocher und stellt sich der Ofen auf die optimale Temperatur zum Aufbacken der Gipfeli ein. Grundsätzlich, so Durrer, lassen sich alle Netzwerkfähigen Haushaltsgeräte einbinden. Allerdings benötigen diese eine digitalSTROM Komponente, das heisst im konkreten Fall, dass nur ganz spezifische Geräte der Partnerfirmen V-Zug und Siemens derzeit die Sprachbefehle via digitalSTROM-Anbindung umsetzen können. Der Wasserkocher lässt sich einfacher steuern: Geräte, die über einen Ein-Aus-Mechanismus verfügen, lassen sich via intelligente Lüsterklemme steuern.

So kann via digitalSTROM zum Beispiel auch ein „Ich gehe“ Schalter eingerichtet werden: berührt man den zum Beispiel in der Nähe der Wohnungstür montierten Taster, werden automatisch alle Geräte abgeschaltet. Eine visuelle oder taktile Kontrolle der Haushaltsgeräte, muss zum Beispiel nicht mehr erfolgen. Man gehe mit sicherem Gefühl aus dem Haus, so Durrer.

Einige Komponenten aus der digitalSTROM Steuerung sind also schon heute eine Hilfe für Blinde und Sehbehinderte. Allerdings auch eine einigermassen Kostspielige Sache. Pro Zimmer der Wohnung müsse man mit 1200 bis 1500 CHF Basis-Infrastrukturkosten rechnen. Die kompatiblen Haushaltsgeräte haben dann nochmal ihren eigenen Preis. So kostet zum Beispiel die via Spracheingabe steuerbare Dusche von Dornbracht 14-15’000 CHF.

Trotz der noch hohen Kosten und der vielen Spielereien, hat Christian Hugentobler, Präsident der Ressortkommission Hilfsmittel des SZBLIND und selber betroffen, die Hoffnung, dass „Haushaltsgeräte für uns via Smart Home Komponenten wieder bedienbar werden“.