Was braucht das Sehbehindertenwesen der Zukunft?

Diese Frage stellt die Redaktion des tactuel in den kommenden Ausgaben jeweils dem Vertreter einer Organisation des Sehbehindertenwesens. Den Auftakt zu dieser neuen Serie macht Daniel Rey, Geschäftsleiter der Züricher Sehhilfe. In seiner Vision beschreibt er einen gewünschten Strukturwandel, Perspektiven für die Eingliederung Blinder und Sehbehinderter Menschen in den Beruf und zeigt die Bedeutung von Nachwuchsfachkräften auf.

Organisation, Struktur und Finanzierung

Regionale, kundenorientierte und umfassende Angebote, differenziert nach Nutzen, Wirkung und Finanzierung – eine Vereinfachung der historisch gewachsenen Strukturen in Dachorganisationen, Verbänden und Vereinen nach diesen Kriterien ist erstrebenswert.

Aufgrund der zunehmenden Schwierigkeiten in der Mittelbeschaffung wird für Einrichtungen im Sehbehindertenwesen die Konzentration auf ihr Kerngeschäft zur Notwendigkeit. Dienstleistungen, die sich nicht ausgeglichen finanzieren lassen, sind in der Konsequenz aufzugeben. Da die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel und ausgebildete Fachkräfte begrenzt sind, ist eine noch bessere Zusammenarbeit und das Nutzen von Synergien unter den verschiedenen Anbietern unumgänglich. Um eine integrierte Versorgung anzustreben muss sich unsere Branche noch stärker mit anderen Fachdisziplinen und Sektoren im Gesundheitswesen vernetzen.

Gesellschaft und Arbeit

Eine Hauptaufgabe bleibt die Sensibilisierung der Öffentlichkeit und der Politik für die Anliegen von sehbehinderten und blinden Menschen, sei es z.B. zur Weiterentwicklung der Barrierefreiheit oder für Berufsbilder und Arbeitsfelder für sehbehinderte und blinde Menschen, die eine möglichst wirtschaftliche Selbständigkeit erlauben. Auch die berufliche Eingliederung durch unterstützende Dienstleistungen und abgestufte Arbeitsplatzangebote sind zu fördern.

Unsere Gesellschaft wird älter und der Anteil an älteren Menschen mit verschiedenen Sehbehinderungen hat zugenommen und macht eine stetig grössere Anspruchsgruppe im Sehbehindertenwesen aus. Es gilt bedürfnisorientierte Angebote für dieses Segment bereitzustellen, wie z.B. die Verstärkung der Beratung und Rehabilitationsangebote in Orientierung und Mobilität damit die älterwerdenden Personen möglichst lange selbständig bleiben.

Personal und Freiwilligenarbeit

Zentral ist, dass unsere Branche genügend Nachwuchsfachkräfte zur Verfügung stellen kann, um den laufenden Generationenwechsel zu meistern. Die Kooperationen mit Fachhochschulen und Bildungsinstituten sind weiter voranzutreiben und die Durchgängigkeit in den Anerkennungsverfahren ist auf allen Stufen sicherzustellen. Die interprofessionale Zusammenarbeit, die dazu passenden thematischen Gefässe sowie der Ressourcenausstausch unter den Einrichtungen sind weiter zu fördern. Auf die Freiwilligenarbeit ist das Sehbehindertenwesen unbedingt weiter angewiesen und es gilt diese wertvolle Ressource mit grosser Wertschätzung zu pflegen.

Daniel Rey, Geschäftsleiter der Zürcher Sehhilfe, Zürich und Winterthur