Hörbuch-Tipps

Die 1961 geborene österreichische Schriftstellerin Melitta Breznik ist auch als Ärztin in der Schweiz tätig. In ihrem Erzähldebut «Nachtdienst» aus dem Jahr 1995 ging es um die Auseinandersetzung einer Tochter mit dem Tod des Vaters, im neuen Roman «Mutter» erzählt Breznik vom Tod ihrer 91-jährigen Mutter, die sie während der letzten Wochen beim Sterben begleitete. Im Untertitel «Chronik eines Abschieds» wird angedeutet, dass es sich hier um eine sehr persönliche Geschichte handelt, in der sie sowohl als Tochter wie auch als Ärztin betroffen ist.

Die indisch-amerikanische Pulitzerpreisträgerin Jhumpa Lahiri ist seit ihrer frühesten Kindheit in Bewegung zwischen England, Amerika und Indien. Inzwischen lebt sie mit ihrer Familie in Rom. In all ihren Büchern thematisiert sie die Entfremdung, die mit dieser Bewegung einhergeht. Das ist in ihrem neuen Roman «Wo ich mich befinde» nicht anders. Die Frau im Zentrum der Geschichte oszilliert zwischen Antriebslosigkeit und spontanen Bewegungen, zwischen der Suche nach Identifikation mit einem Ort und der gleichzeitigen Weigerung, dauerhafte Bindungen einzugehen.

Don DeLillos neustes Buch «Die Stille» ist mit knapp über 100 Seiten eher eine Novelle. In seinen grossen Romanen löste DeLillo schon im letzten Jahrhundert die vermeintlich sichere Abfolge von der Realität zur Fiktion auf und kehrte sie um. Er sah damals bereits die Macht der Verschwörungstheorien aufziehen, die sich in toxischen Blasen ausbreiten. Darin werden Fakten instabil und Fiktionen bedrohlich. In kammerspielartig-konzentrierter Form kehrt das Thema auch in «Die Stille» wieder. Ein unerklärliches Katastrophenszenario hat stattgefunden, alle Geräte und Maschinen sind ausgefallen. Über die Ursache kann nur spekuliert werden.

  • Breznik, Melitta: Mutter. Chronik eines Abschieds, München: Luchterhand, 2020. Ausleihe: DS 50505
  • Lahiri, Jhumpa: Wo ich mich finde, Hamburg: Rowohlt, 2020. Ausleihe: DS 50317
  • DeLillo, Don: Die Stille, Berlin: Parlando, 2020. Ausleihe: DS 50094

Braille-Tipp

Die afroamerikanische Schriftstellerin und Bürgerrechtsaktivistin Maya Angelou lebte von 1928 bis 2014 und war eine der angesehensten Intellektuellen der USA. In ihrer siebenbändigen Autobiografie schilderte sie auf unkonventionelle Art ihr ereignisreiches Leben vom kleinen Mädchen, das mit acht Jahren vergewaltigt wurde, über ihre frühen Schwanger- und Mutterschaft mit 16 Jahren bis zur selbstbewussten jungen Frau mit ihrer Karriere als Schriftstellerin und Aktivistin. Der berühmte erste Teil «I Know Why the Caged Bird Sings» erschien 1969. Der zweite Band «Gather together in my Name» aus dem Jahr 1974 wurde erst jetzt ins Deutsche übertragen unter dem Titel «Was immer mir gehört». Er schliesst unmittelbar an den ersten an und umfasst die Jahre 1944 bis 1948. Auch hier geht es letztlich um Themen wie Rassismus, Identität und Bildung. Die Autobiografie gilt in den USA als musterhaftes Beispiel für den unbeugsamen Willen zu einer dauernden Selbsterziehung.

  • Angelou, Maya: Was immer mir gehört, Suhrkamp, 2020. 3 Bd. 363 S. Ausleihe: BG 34179

Alle vorgestellten Bücher sind ausleihbar bei der SBS Schweizerische Bibliothek für Blinde, Seh- und Lesebehinderte: nutzerservice@sbs.ch, Telefon 043 333 32 32, www.sbs.ch.