Wie kommt eine Person mit Sehbehinderung an die notwendigen Informationen? Wie informiert sie sich im Vorfeld über die verschiedenen Abstimmungen und Wahlen? Verena Kuonen, Präsidentin von Inclusion Handicap und Gemeinderätin der Stadt Pully, erörtert diese Fragen mit tactuel.

Von Carol Lagrange

Seit 25 Jahren engagiert sich Verena Kuonen, selbst blind, sowohl für die Interessen von Menschen mit Behinderungen in der Schweiz als auch für die Politik in ihrer Gemeinde und nimmt aktiv am politischen Leben und am Wahlgeschehen in der Schweiz teil. Ihr zufolge werden Kontakte in der Politik zwar oft über die visuelle Ebene geknüpft, doch beweist sie mit ihrem Engagement, dass auch sie als Person mit Behinderung in der Politik eine Rolle spielen und die Interessen der BürgerInnen bestens vertreten kann.

Wenn sie allerdings selber wählen und abstimmen möchte, kommt eine dritte Person ins Spiel, um zu sicherzustellen, dass ihre politischen Entscheide auch gehört und respektiert werden. Nebst den schriftlichen Unterlagen, die einem nach Hause geschickt werden, muss man sich auch aktiv darum bemühen, über die Medien und andere Kanäle an Informationen zu kommen.

«Die Wahl- und Abstimmungsunterlagen erhalten nur diejenigen im DAISY-Format, die bereits bei der Bibliothèque Sonore Romande registriert sind und auch explizit um Erhalt dieser Dokumente auf einer CD gebeten haben», erklärt Verena Kuonen. Möchte man also als blinde oder sehbehinderte Person am politischen Leben teilhaben, muss man bereits hier zum ersten Mal aktiv werden. Man kann sich auch mit der App VoteInfo über verschiedene Themen sowie die Abstimmungs- und Wahlresultate informieren. «Persönlich lasse ich mir die Unterlagen, die ich nach Hause geschickt bekomme, am liebsten von einer sehenden Person vorlesen. Noch häufiger informiere ich mich aber über entsprechende Themen via Printmedien oder das Radio und bilde mir dann meine Meinung», so Frau Kuonen weiter.

Die Listen für die eidgenössischen Wahlen werden in Papierform an sämtliche Haushalte versandt. Auf CD sind diese Unterlagen nicht verfügbar, sodass man auf jeden Fall eine sehende Person braucht. Nach Lektüre der Unterlagen geht es dann ans Ausfüllen der Stimm- und Wahlzettel oder Wahllisten. Für Verena Kuonen ist es wichtig, dafür eine Vertrauensperson zu haben. «Man braucht auf jeden Fall jemanden, der die Stimm- und Wahlzettel in seinem Sinne ausfüllt», sagt sie. Was die Wahlen im Oktober anbelangt, so wird sie sich die Listen von einer sehenden Person vorlesen lassen, die diese dann auch für sie ausfüllt. Danach geht es ins Wahllokal, wo sie ihr Stimmcouvert mit den vorausgefüllten Listen in die Urne werfen wird.

Sie bedauert zwar aus Gründen der eigenen Unabhängigkeit, dass der Bundesrat die Einführung des E-Votings verschoben hat, doch die Unterstützung einer Drittperson liegt ihr dennoch am Herzen. «Ich habe gar kein Problem, meine Stimmabsichten einer anderen Person mitzuteilen, selbst wenn diese anders abstimmt als ich. Es handelt sich hier ja um eine Vertrauensperson, die meine Meinung respektiert», so Verena Kuonen.