Dag Solstad ist ein äusserst produktiver Autor mit über 30 Publikationen. Sich selbst bezeichnet er seit der Jahrtausendwende als «aktiven Schriftsteller im Ruhestand». Viele seiner Bücher haben eigenwillige Titel. Ein 1987 erschienener Roman heisst schlicht «Roman1987», seinen elften Roman nannte er «Elfter Roman, achtzehntes Buch». Der Roman «16.07.41» erschien im Original bereits 2002 und wurde erst jetzt ins Deutsche übersetzt. Darin erzählt Solstad von seinen langen und häufigen Spaziergängen durch die Strassen Berlins. Die Geschichte ist auch die Erkundung einer Vater-Sohn-Beziehung. Der 16.7.1941 ist nämlich Dag Solstads Geburtsdatum. Der Roman aber ist weniger eine Autobiographie als vielmehr eine Erforschung des Schreibens an sich.

Die posthume Veröffentlichung einer schillernden Sammlung von Kurzgeschichten markierte die Wiederentdeckung Lucia Berlins, deren Talent von vielen bis dahin unbemerkt geblieben war. Ihre Fähigkeit, die Schönheiten wie die Widerlichkeiten des Alltags einzufangen, ihre aussergewöhnliche Ehrlichkeit, mit der sie aus ihrer eigenen Geschichte schöpfte, bewog viele dazu, ihren Beitrag zur amerikanischen Literatur mit Grössen wie Raymond Carver zu vergleichen. Der zweite Band ihrer Erzählungen mit dem Titel «Abend im Paradies» bestätigt nun ihr formidables Können mit weiteren rohen, oft auch witzigen Geschichten, die sich auf ihr eigenes prekäres, abenteuerliches Leben beziehen.

Der vollständige Titel des fast tausend Seiten langen Romans von Nobelpreisträgerin Olga Tokarczuk lautet «Die Jakobsbücher oder Eine grosse Reise über sieben Grenzen, fünf Sprachen und drei grosse Religionen, die kleinen nicht mitgerechnet». Im Zentrum dieser riesigen historisch-literarischen Leinwand, geschickt gewoben aus dem üppigen Stoff der mitteleuropäischen Geschichte, steht das turbulente Leben eines charismatischen jüdischen Ketzers, Mystikers und Abenteurers, Jacob Frank, der sich selbst zum Messias erklärte.

  • Solstad, Dag: 16.07.41
  • Zürich: Dörlemann, 2020. Ausleihe: DS 50999
  • Berlin, Lucia: Abend im Paradies
  • Zürich: Kampa, 2019. Ausleihe: DS 51247
  • Tokarczuk, Olga: Die Jakobsbücher
  • Zürich: Kampa, 2019. Ausleihe: DS 50796

Braille-Tipp

Die norwegische Schriftstellerin Hanne Ørstavik lebt heute in Mailand, der Liebe wegen, wie sie sagt. In «Roman. Milano» dreht sich auch vieles um die Liebe. Hauptfigur ist eine junge Künstlerin aus Norwegen, die mit einem italienischen Kurator zusammenlebt. Die Beziehung könnte glücklich sein, wenn sie nicht ständig das Gefühl hätte, «die Falsche» zu sein. Das hängt mit ihrer Kindheit zusammen, den andauernden Einfluss, die diese Zeit auf ihr Erwachsenenleben ausübt. Die Präsenz des inneren Kindes und seiner Liebeserfahrungen spielen eine entscheidende Rolle in der Bereitschaft der Erwachsenen, der Liebe vorbehaltlos zu begegnen oder eben auch nicht. Mit zeichenhaften Bildern und poetischer Sprache entwirft Ørstavik eine Frau, die (noch) neben sich steht.

  • Ørstavik, Hanne: Roman. Milano
  • Düsseldorf: Karl Rauch Verlag, 2020. 4 Bd. 428 S.
  • Ausleihe: BG 33907

Information

Alle vorgestellten Bücher sind ausleihbar bei der SBS Schweizerische Bibliothek für Blinde, Seh- und Lesebehinderte: nutzerservice@ sbs.ch, Tel. +41 43 333 32 32, www.sbs.ch