Vor vierzig Jahren wurde Retina Suisse als Retinitis pigmentosa Vereinigung Schweiz gegründet. Seither setzt sich Retina Suisse für die Suche nach Therapien ein. Stephan Hüsler, Geschäftsleiter von retina Suisse erläutert, warum eine exakte Diagnose für die Therapiesuche so wichtig ist und wo die Schweiz im Vergleich zu Europa steht, wenn es um die Koordination der Behandlung von seltenen Krankheiten geht.

Von Stephan Hüsler, Retina Suisse

„When I tell you, that you have Retinitis pigmentosa, I tell you, that you have a chronic disease“, sagt Professor Botond Roska, Forschungsgruppenleiter am Friedrich Miescher Institut Basel (FMI) und Co-Leiter des Institute for molecular and clinical Ophthalmology Basle (IOB). Er weist darauf hin, dass jeweils nur eines von über 110 Genen „Retinitis pigmentosa“ auslösen kann. Mehr als 300 Gene verursachen irgendeine Form von seltenen Netzhautdegenerationen. Es sind immer nur wenige Personen in der Schweiz von derselben Genveränderung betroffen und auch das Krankheitsbild und der Verlauf sind nicht immer gleich. Dies macht es so schwierig, geeignete Therapien zu entwickeln. Im letzten Jahr wurde jedoch die erste Gentherapie zur Behandlung von Mutationen in Gen RPE65 durch die amerikanische Food and Drug Administration FDA zugelassen. Auch wenn das Medikament, das unter dem Namen Luxturna(R) vertrieben wird, nur einigen betroffenen Personen helfen kann, verdeutlicht es doch, wie wichtig es ist, eine exakte Diagnose zu stellen.

Krankenkassen entscheiden
Die Krankenversicherungen müssen die Kosten zwecks Diagnose oder Festlegung der Therapie übernehmen. Einige lehnen die Kostengutsprache wegen fehlender Therapien jedoch ab. Seit nun aber die erste Genersatztherapie für Patienten, deren beide Kopien des Gens RPE65 verändert sind, auf dem Markt ist, wird das Argument immer schwächer. Die Europäische Zulassungsbehörde EMA entschied im Herbst 2018, dass die EU- und EWR-Mitgliedstaaten mit der Patentinhaberin über den Preis des Medikaments verhandeln können. Und die Schweiz? Da wir weder in der EU noch im EWR sind, muss die Zulassung bei Swissmedic beantragt werden. Dies kann nur die Patentinhaberin tun. Eine Bewilligung im abgekürzten Verfahren ist wahrscheinlich. Erst dann kann der Preis mit dem Bundesamt für Gesundheit BAG ausgehandelt werden. Bis dahin entscheiden die Krankenkassen über jeden Einzelfall. Ungerechtigkeiten sind – wie bei den Genanalysen – vorprogrammiert.

Nationales Konzept seltene Krankheiten
2014 genehmigte der Bundesrat das nationale Konzept seltene Krankheiten. Folgende Ziele sollen damit erreicht werden:
Zugang zur Diagnose und ihrer Vergütung, Zugang zu Therapien und ihrer Vergütung, Unterstützung der Patientinnen und Patienten und ihrer Ressourcen, Beteiligung der Schweiz an der (internationalen) Forschung, sozioprofessionelle und administrative Unterstützung, Klinische Dokumentation und Ausbildung, Sicherstellung der Nachhaltigkeit der Zentren „Seltene Krankheiten“, Internationale Vernetzung.

Seit Herbst 2017 befasst sich die Nationale Koordination Seltene Krankheiten kosek mit der Akkreditierung von Zentren für seltene Krankheiten. Bis Ende 2019 sollen Kriterien zur Bezeichnung von Referenzzentren bestimmt werden. Retina Suisse engagiert sich als Mitglied von ProRaris – Allianz seltene Krankheiten Schweiz und in der Fachgruppe Versorgung der kosek für die Schaffung von Zentren für seltene Krankheiten, im speziellen seltenen Augenkrankheiten. Im europäischen Raum sind diese Zentren bereits etabliert und im „European Reference Network(ERN)“ zusammengeschlossen. Leider bleibt die Schweiz auch hier aussen vor der Tür …..

Seit 40 Jahren gemeinsam unterwegs
1979 gründeten Bernhard Fasser, Esther Guignard, Rösli Gallati, Susi Donada und einige andere die Retinitis pigmentosa Vereinigung Schweiz. Seither ist die Vereinigung stark gewachsen. Vieles hat sich verändert. So sind neben RP auch Makuladegenerationen, Syndrome und andere Erkrankungen des Augenhintergrundes dazu gekommen. Immer noch steht die Suche nach Therapien im Vordergrund. Nur wo sich Menschen für ein Thema interessieren, wird auch geforscht. Deshalb braucht es Retina Suisse auch in Zukunft.
Wir feiern das Jubiläum mit einer Reihe von Konferenzen in allen Landesteilen. Wir laden Sie, liebe Leserin, lieber Leser, ein, daran teilzunehmen. Es ist eine günstige Art, sich über den Stand der Forschung auf dem Gebiet der Netzhautdegenerationen weiterzubilden. Daten und Durchführungsorte finden Sie bei www.retina.ch und dem Retina Suisse Journal.