Die Beleuchtungsmerkblätter des SZBLIND richten sich an Fachpersonen des Sehbehindertenwesens, und zeigen diesen auf, wie die Beleuchtung für die Bedürfnisse von Menschen mit einer Sehbehinderung bestmöglich angepasst werden kann. Denn eine optimierte Beleuchtung bedeutet Lebensqualität, schafft visuelle Sicherheit und ist gerade bei geringem Sehvermögen für viele Tätigkeiten und Aktivitäten von zentraler Bedeutung.

Von Arnd Graf-Beilfuss

Die Grafiken zeigen je eine Beleuchtungssituation wie sie richtig ist und eine wie sie falsch ist.
Die Grafiken der Beleuchtungsmerkblätter sind selbsterklärend. / Bild: SZBLIND

Seit nun fast 10 Jahren bestehen die Merkblätter, die in besonderem Masse die spezifischen Anforderungen sehbehinderter und älterer Menschen an die Beleuchtungseinrichtungen berücksichtigen. 2012 wurde die SZBLIND «Koordinationsstelle für Beleuchtungsfragen» eingerichtet. Diese Koordinationsstelle hat zum Ziel, die beleuchtungsrelevanten Anliegen des Sehbehindertenwesens aufzunehmen, themenbezogene Informationen zusammenzutragen und weiterzugeben. Ein weiteres Ziel ist, den Kontakt und Austausch mit weiteren Fachgruppen, wie Lichtplanern, Architekten, etc. zu vertiefen und so die Anliegen sehbehinderter und älterer Menschen bekannter zu machen. Die Koordinationsstelle fasste rasch den Entschluss, auch eine Informationsblattreihe zu den wichtigsten Beleuchtungskriterien zugunsten der spezifischen Bedürfnisse älterer und seheingeschränkter Menschen zu erstellen.
Schnell waren die Themen bestimmt: Es sollte ein allgemeines Merkblatt zur Einführung geben, und dann jeweils spezifi sche zu den Themen Wohnen, Küche, Bad und WC, Hauseingang und Treppe, Lern- und Spielbereich für sehbehinderte Kinder. Gemeinsam mit dem Team der Firma «Lichtbau» von Ruedi Steiner in Bern konnten diese Merkblätter 2013 realisiert werden.
Die Darstellung der sinnvollen sowie der vermeidbaren Beleuchtungssituationen wurde von Beginn an als Grafik konzipiert, da Fotografien sehr schnell nicht mehr aktuell und ‹aus der Zeit gefallen› wirken. Die grafi sche Konzeption macht die Blätter zudem weitgehend selbsterklärend.
Den Einstieg in die Merkblatt-Serie macht das ‹Allgemeine Merkblatt›. Es geht neben den meist deutlich höheren Lichtbedarfen älterer und seheingeschränkter Menschen auch auf weitere visuelle Aspekte und zugrunde liegende Normen und Richtlinien ein.
Allgemein stellen ältere und seheingeschränkte Menschen höhere Anforderungen an Beleuchtungseinrichtungen. Deren Lichtbedarfe sind sehr häufig erheblich höher als dies bei jüngeren, oder visuell nicht eingeschränkten Menschen der Fall ist. Gleichzeitig nimmt meist auch die Blendempfindlichkeit deutlich zu, da altersbedingte, physiologische Veränderungen des Auges, aber auch viele Augenerkrankungen eine hohe Blendempfindlichkeit verursachen können.
Daher kommt der Blendungsvermeidung eine erhebliche Bedeutung zu. Alle diese besonderen Aspekte gelten ohne Einschränkungen auch für sehbehinderte Kinder und Jugendliche. Aus diesem Grund ist die zielgerichtete und optimierte Beleuchtung ihrer Lebens- und Arbeitsbereiche für alle seheingeschränkten Menschen von zentraler Wichtigkeit. Mit Hinweisen und Tipps zu geeigneten Leuchtenarten und weiteren Informationen wird auch das Verständnis für die spezifi schen Anforderungen seheingeschränkter Menschen den Fachbereichen zugänglich und verbreitet.

Ein anschauliches Beispiel aus dem Merkblatt «Wohnen».

Die Wahl zweckentsprechender Leuchten und deren optimierte Positionierung ist indessen nicht immer einfach. Zudem sind viele angebotene leuchtende «Objekte» für seheingeschränkte Menschen nicht geeignet. Oftmals kann bereits durch kleine Anpassungen eine deutlich bessere Lichtsituation geschaffen werden. Das Merkblatt mit dem Titel «Wohnen» gibt zum Beispiel Hinweise zur Verbesserung wiederkehrender Beleuchtungsituationen, wie sie insbesondere im Wohnbereich anzutreffen sind. Die Merkblätter zu Küche und Bad gehen auf zwei oft etwas «vernachlässigte» Räume ein, denn in vielen Bädern kommen nach wie vor Standard- Spiegelschränke als einzige Lichtquelle zum Einsatz, was für seheingeschränkte Menschen nicht ausreichend ist.

Links ist ein Vorschlag zu sehen, der vor dem Spiegel auch die Erkennung des Gesichts ermöglicht und zusätzlich den Raum – einschliesslich der Dusche – berücksichtigt.

Das Merkblatt «Hauseingang Treppe» zeigt auf, dass die noch weit verbreiteten, in Kopfhöhe an Hauswänden montierten Kugelleuchten nicht nur für visuell eingeschränkte Menschen Blendquellen darstellen, die die sichere Orientierung behindern.
Gleichzeit wird aufgezeigt, worauf man bei der Anschaffung einer geeigneten Leuchte achten sollte. Entsprechend verdeutlichen die Merkblätter die elementaren Kriterien und Aspekte, die wiederum eine Vielzahl von Leuchten und deren Montageorte für ältere und seheingeschränkte Menschen anwendbar machen. Beispielbilder geben Hinweise, welche Eigenschaften eine Leuchte aufweisen sollte und wie diese exemplarisch aussehen könnte.
Und letztlich ist es das Bestreben, neben normativen Bestimmungen auch gestaltungstechnische Grundlagen auf einfache und anschauliche Weise weiterzugeben. Die elementaren Anforderungen und Empfehlungen sind in den Merkblättern auf jeweils einer Doppelseite zusammengefasst und stehen so Low Vision Fachpersonen, LichtplanerInnen, ElektroinstallateurInnen, allen weiteren interessierten Fachkreisen, aber auch sehbehinderten Menschen sowie ihren Angehörigen zur Verfügung.
Ausserdem wurde die Serie um ein zusätzliches siebtes Merkblatt ergänzt, das sich mit Aspekten und Besonderheiten der LED-Beleuchtung auseinandersetzt.
Dieses LED-Merkblatt ist ein lang gehegtes Anliegen, da LEDs spezifische Eigenschaften – unter anderem auch ein sehr hohes Blendpotential – aufweisen, die unbedingt bedacht werden müssen, um für Menschen mit einer Sehbehinderung von Nutzen zu sein.

So enthält das Merkblatt auch Auswahlkriterien für geeignete LED-Leuchten:
– Gute Entblendung der Lichtaustrittsflächen
– Möglichst grosse Lichtaustrittsflächen
– Decken- und Pendelleuchten mit Indirektlicht wählen
– LED-Punkte dürfen nicht direkt einsehbar sein
– LED-Leuchten sollen keine Mehrfachschatten produzieren
– Wählen der geeigneten Lichtfarbe oder «tunable white»
– Wählen einer guten Farbwiedergabe
– Flickerfreie LED-Leuchten verwenden
– Dimmbare LED-Leuchten verwenden
– Lichttest mit Musterleuchten vor Ort, die gemeinsam mit Betroffenen und Entscheidungsträgern durchgeführt werden

Dass es definitiv nicht ausreicht, lediglich viel Licht abzugeben, zeigt die nachstehende Abbildung: Bei dieser sehr aktuellen Arbeitsplatzleuchte sind 20 LEDs ohne geeigneten Diffusor verbaut. Dadurch wirft jede der LEDs einen eigenen Schatten. Zwar ist die Leuchte energetisch «effizient», aber die entstehende Lichtsituation ist erkennbar unbefriedigend.
Gegenwärtig befindet sich ein achtes Merkblatt mit Hinweisen zur ‹Arbeitsplatzbeleuchtung› in Vorbereitung.

Ein Beispiel störender Mehrfachschatten bei Handbewegung unter einer aktuellen
LED-Arbeitsplatzleuchte