Nina Hug, Redaktion tactuel Deutschschweiz
Nina Hug, Redaktion tactuel / Bild: Daniel Winkler

Liebe Leserin, lieber Leser

Sport und Bewegung tun allen Menschen gut. Es gibt eigentlich keine Sportart, die von Menschen mit Blindheit und Sehbehinderung nicht betrieben werden könnte.

Als ich kürzlich in der Nacht aufgestanden bin, um ein Fenster zu schliessen, bin ich zuerst gegen die Bettkante und dann in einen Stuhl gelaufen. Mit einem leichten Fluch auf den Lippen habe ich es dann bis zum Fenster geschafft. Das war auch Dank des Lichtes möglich, das bei uns auf irgendeine Weise – natürlich oder künstlich – ja immer irgendwie vorhanden ist. Absolute Dunkelheit, das kommt selten vor.
Nicht so bei den Sportlerinnen und Sportlern mit einer Sehbeeinträchtigung, die wir in diesem Heft porträtieren. Um faire Bedingungen für alle zu schaffen, sind in vielen Sportarten Dunkelbrillen vorgeschrieben. Schiessen im Dunkeln? Fussballspielen mit abgedeckten Augen, einem Klingelball und zugerufenen Kommandos? Sprinten und dabei in der Bahn bleiben? Ich muss sagen: Die Leistungen dieser Menschen haben mich schwer beeindruckt. Da komm ich mir als Sehende gerade furchtbar behindert vor, wenn ich an meinen nächtlichen Stolpergang denke!
In dieser Ausgabe widmen wir uns ganz dem Thema «Sport» und beleuchten es aus unterschiedlichen Perspektiven. So stand uns beispielsweise Dr. Thomas Katlun Rede und Antwort. Er hat 2017 an der Überarbeitung der ophthalmologischen Richtlinien mitgewirkt, die im Sportunterricht mit Kindern und Jugendlichen zur Anwendung kommen. Wir haben ihn gefragt, welche Sportarten für welche Arten von Sehbeeinträchtigung geeignet sind, auf was Lehrkräfte im Sportunterricht achten müssen und er gibt augenärztliche Tipps, mit welchen Hilfsmitteln sich Sporttreibende optimal schützen können.
Wussten Sie, dass sehbeeinträchtigte Kinder und Jugendliche aus der Westschweiz die Möglichkeit haben, im Sommer während einer Woche ein Sportcamp zu besuchen? Die Idee stammt aus den Vereinigten Staaten und heisst «Camp Abilities ». Valérie Caron von der Universität Freiburg organisierte diesen Sommer bereits zum dritten Mal diese Sportwoche für sehbeeinträchtigte Schüler und Schülerinnen. Diese hatten im Vallée de Joux die Gelegenheit unter kundiger Anleitung Sportarten wie Schwimmen, Klettern, Judo, Leichtathletik, Tor- und Fussball und viele mehr auszuprobieren. Das Camp kommt bei den jungen Romands so gut an, dass es auch 2024 wieder eine Sportwoche geben wird. Valérie Caron würde sich auch freuen, wenn das Angebot für alle Schweizer Kinder und Jugendlichen mit einer Sehbehinderung ausgeweitet werden könnte. Was es dafür braucht, hat sie uns im Interview erzählt.
Ich drücke nun allen sehenden und sehbeeinträchtigen Sportlern, die sich für die Olympischen Spiele und die Paralympics in Paris im nächsten Sommer qualifizieren müssen, die Daumen. Und selbstverständlich wünsche ich auch allen andern, die einen Sport aus Leidenschaft betreiben, ebenfalls viel Ausdauer und Freude.

Nina Hug, Redaktion tactuel