Hörbuchtipps

Obwohl Halldór Laxness ab seinem 17. Lebensjahr fast ständig auf Reisen war, blieb Island sein zentrales Thema. Auf der traditionellen Erzählweise isländischer Sagen aufbauend, fand er seinen Stil in der Verbindung mit den damals aktuellen literarischen Strömungen. 1955 erhielt Laxness dafür den Nobelpreis für Literatur. Der Erzählband „Ein Angelausflug ins Gebirge“ enthält sieben kürzere Geschichten aus dem Jahr 1964, die bisher nicht auf Deutsch erschienen sind. Sie stehen exemplarisch für den skurrilen Witz und das zutiefst Humane des Autors.

Richard Ford gehört seit seiner Trilogie über den Sportreporter und Immobilienmakler Frank Bascombe in die herausragende Kategorie amerikanischer Autoren. „Zwischen Ihnen“ heisst Fords neues Buch. Die erste Hälfte ist dem früh verstorbenen Vater gewidmet, die zweite der Mutter. Richard ist ihr einziges Kind. Eine grosse Liebe steht im Zentrum dieser bürgerlichen Kleinfamilie. In ruhiger Sprache erkundet Ford das Fremde der Eltern, seine Trauer über Verlust und Versäumnisse. Trotzdem ist „Zwischen Ihnen“ kein trauriges Buch, vielmehr zeugt es von Demut und Wärme.

Salman Rushdies neuer Roman „Golden House“ zeigt, wie in einer gespaltenen, atomisierten Gesellschaft auch die Familie auseinanderbricht. Er beginnt mit der Wahl Barack Obamas und endet acht Jahre später, mit einem steinreichen, grünhaarigen Joker als Präsidentschaftskandidat. Steinreich ist auch Nero Golden aus Mumbai, der mit seiner Familie unvermittelt in New York auftaucht. Sein Vermögen verdiente er mit mafiösen Machenschaften. Neros drei Söhne aber ereilt in der Folge ein geradezu antikes Schicksal. Tumultartig und facettenreich, mit zahlreichen Anspielungen auf Literatur- und Filmgeschichte erzählt Rushdie deren Tragödie aus dem Blickwinkel eines Nachbarn.

 

  • Halldór Laxness: Ein Angelausflug ins Gebirge

Göttingen: Steidl, 2015. Ausleihe: DS 36924

  • Ford, Richard: Zwischen Ihnen

Berlin: Parlando, 2017. Ausleihe: DS 36835

  • Rushdie, Salman: Golden House

München: Der Hörverlag, 2017. Ausleihe: DS 37098

  

Braille-Tipp

Die Europäische Gemeinschaft ist eine Antwort auf die Gräuel zweier Weltkriege, die im nationalen Denken Europas ihre Wurzeln hatten. Der österreichische Schriftsteller Robert Menasse hat sich in zahlreichen Essays für die europäische Idee stark gemacht. Er kennt die äusserst komplexen, bürokratischen Strukturen der Europäischen Union aufs Beste. Ein staubtrockenes Thema, könnte man meinen. „Die Hauptstadt“, der neue Roman Menasses, beweist das Gegenteil. In einer fulminanten Fahrt durch Brüssel begleiten wir Figuren aus zahlreichen Ländern, wie sie sich in diesem Moloch abmühen. Das ist oft witzig, manchmal tragisch, dann wieder spannend. Menasse erhielt dafür letztes Jahr den Deutschen Buchpreis.

 

  • Menasse, Robert: Die Hauptstadt

Berlin: Suhrkamp, 2017. 5 Bd. 681 S. Ausleihe: BG 28234