Die ersten Ergebnisse der REVISA-Studie zu Fragen, wie sich die Kantonalisierung der Sonderschulung auswirkt, liegen vor. Und bestätigen die seit Jahren von Fachkreisen beobachteten Veränderungen und Befürchtungen, dass in der Schweiz ein Teil der Kinder mit einer (Hör-)Sehbeeinträchtigung ungenügende sonderpädagogische Förderung erhält.Ein Kommentar zu den Studienergebnissen

Von Carmelina Castellino, Präsidentin der SZBLIND-Kommission Sonderpädagogik

Dieser Entwicklung zugrunde liegt die Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen, bekannt unter dem Kürzel NFA. Im Jahr 2008 kam die Sonderschule mit der NFA in den Zuständigkeitsbereich der Kantone. Fortan waren 26 verschiedene Systeme für die sonderpädagogischen Angebote und Massnahmen zuständig. Startschuss für die Entwicklung unterschiedlicher Anwendung und Ausgestaltung der Sonderschulung.

Praktisch zeitgleich wurden die Weichen gestellt, dass möglichst viele Kinder mit besonderen Bedürfnissen die Regelklassen der Volksschule besuchen. Die Nachfrage nach heilpädagogischem Personal schnellte innert kurzer Zeit in die Höhe – und ist noch heute nicht gedeckt. Vielerorts übernimmt erst teilweise ausgebildetes Personal heilpädagogisch verantwortungsvolle Aufgaben.

Ein weiterer Grund für die ungenügende Förderung der Kinder mit Seh- oder Hörsehbeeinträchtigungen liegt darin, dass sie im heilpädagogischen Kontext zu einer Minderheit gehören, die oft übersehen wird. Sie zu unterstützen, setzt hochspezialisiertes Fachwissen voraus. Ein Fachwissen, das Kindern, wird ihre Situation erkannt und die ihnen zustehende Förderung während des ganzen Entwicklungsprozesses zugesprochen, hervorragende Chancen bietet.

Es ist erstaunlich, dass Bund und Kantone die Folgen dieser Umwälzungen nicht konsequent mit Forschung begleiten und evaluieren. Die Kommission Sonderpädagogik hatte deshalb das Heft in die Hand genommen und eigene Studien zur aktuellen Situation in der Sonderpädagogik angeregt und die Realisierung begleitet. Die ersten Ergebnisse der Studie werden im Sommer dieses Jahres mit einer Analyse der 26 Fördersysteme im Bereich der Sehbehindertenpädagogik ergänzt. Heute zeichnet sich jedoch schon ab, dass in Bezug auf seh- und hörsehbeeinträchtigte Kinder im Bildungssystem, auf kantonaler und interkantonaler Ebene, Handlungsbedarf besteht.