Wir nehmen Abschied von Rose-Marie Lüthi-Kreibich

Mehr als 50 Jahre prägte Dr. Rose-Marie Lüthi-Kreibich das Blindenwesen in der Schweiz und im Ausland. Am 2. Dezember vergangenen Jahres ist Rosemarie Lüthi-Kreibich im Alter von 78 Jahren verstorben. Wir gedenken ihrer in diesem Nachruf.

von Nina Hug

Zielstrebigkeit, Erkennen der besonderen Bedürfnisse blinder Menschen und Erarbeitung von Fachwissen waren auf ihrem eindrücklichen Ausbildungsweg Rosemarie Lüthis-Kreibichs Ressourcen. Mit den damaligen Möglichkeiten, also vor dem Computerzeitalter, machte sie mit ihrer Behinderung die Matura, studierte an einem Lehrerseminar und am Heilpädagogischen Seminar. Als blinde Studentin schloss sie das Studium an der Universität Zürich mit dem Doktorat ab. Im Rahmen ihrer Dissertation befasste sie sich mit der Bedeutung des Hörens bei blinden Menschen.

Dr. Rose-Marie Lüthi-Kreibich hält die Ehrenmitglied-Urkunde in der Hand.
Dr. Rose-Marie Lüthi-Kreibich sel. / Bild: Nina Hug

Ihr Werdegang zeigt ihren enormen Willen, der sie selbst, aber auch die Denkweise im Blindenwesen vorwärtsgebracht hat. Rosemarie Lüthi-Kreibich blieb aber auch als Doktor der Philosophie immer auf Augenhöhe mit ihren Mitmenschen. So betonte sie, dass sich Massnahmen und Hilfsmittel an „Otto Normalverbraucher“ ausrichten müssten und nicht nur am Können von Spezialistinnen und Spezialisten.

Rosemarie Lüthi-Kreibich war im In- und Ausland für ihr enormes Fachwissen zum Gebrauch und zur Weiterentwicklung der Blindenschrift bekannt. Zwischen 1996 und 2017 war sie Präsidentin der Deutschschweizer Blindenschriftkommission. Ihr war es ein grosses Anliegen, dass die Punktschrift in der ganzen Schweiz von ausgebildeten Lehrkräften vermittelt wird.

1979 wurde die engagierte Punktschriftlehrerin, die bei der Ostschweizerischen Blindenführsorge in St. Gallen arbeitete, in den Vorstand des Schweizerischen Zentralvereins für das Blindenwesen gewählt. 2005 trat Rose-Marie Lüthi-Kreibich nach 26 Jahren aus dem SZBLIND-Vorstand zurück, um Zeit und Raum für neue Herausforderungen zu schaffen. Nachfolgend war sie beim Schweizerischen Blindenbund von 2006 bis 2017 Co-Präsidentin im Gesamtvorstand.

Der Vorstand, die Geschäftsleitung und die Mitarbeitenden des SZBLIND sind traurig und betroffen vom Hinschied von Rose-Marie Lüthi-Kreibich und sprechen ihren Angehörigen herzliches Beileid aus. Wir sind dankbar für all die Arbeit, die Rose-Marie Lüthi-Kreibich für das schweizerischen Blinden­wesens geleistet hat.

Koordinationskommission „Internationale Zusammenarbeit“

Um die Vernetzung und Koordination gegenüber der European Blind Union (EBU) und der World Blind Union (WBU) effizient und zielgerichtet zu gestalten, wurde im Jahr 2009 die Koordinationskommission „Internationale Zusammenarbeit“ eingesetzt. Der SZBLIND übernimmt ab dem 1.5.22 das Kommissionssekretariat.

Die Ziele dieser Kommission sind die Koordination der internationalen Vernetzung des schweizerischen Blinden- und Sehbehindertenwesens, die Koordination der finanziellen Unterstützung zugunsten Menschen mit einer Sehbehinderung in Drittwelt- oder Schwellenländern, die Gewährleistung der Information über die Aktivitäten in der internationalen Vernetzung und die aktive Information über die neusten Erkenntnisse auf internationaler Ebene innerhalb der Verbände.

Damit die Kommissionsarbeit effizient und zielgerichtet getätigt werden kann, erfolgt die Betreuung der Kommission durch eine entsprechende Koordinationsstelle (Sekretariat) zentral. In der Vergangenheit wurde diese Aufgabe dankenswerterweise vom Schweizerischen Blinden- und Sehbehindertenverband (SBV) übernommen.

Ab dem 01.05.2022 wird neu der SZBLIND das Kommissionssekretariat betreuen, gilt als Ansprechpartner für Anfragen, Anträge und Umfragen der European Blind Union (EBU) und der World Blind Union (WBU) und ist verantwortlich für den Informationsfluss auf internationaler Ebene.

Die Verantwortlichen beim SZBLIND (Raphaela Wohlleben und Jan Rhyner) sind bei Fragen oder Anliegen unter international@snablind.ch erreichbar.

Zu Tisch! – mit Hörsehbehinderung und Taubblindheit

Essen, das ist nicht nur Nahrungsaufnahme. Essen ist für uns Menschen eine soziale Aktivität, ein Genuss, bei dem wir schmecken, riechen, fühlen. Man sagt, das Auge isst mit – aber auch das Ohr ist intensiv am Essen beteiligt. Insbesondere, wenn wir in Gemeinschaft essen. Menschen mit Hörsehbehinderung und Taubblindheit sind bei gemeinsamen Essen dabei und doch oft allein und isoliert.

Stellen Sie sich vor, Sie sehen ihr Essen nicht, und hören ihre Gesprächspartner wie durch dicke Watte. Dazwischen drängen sich Geräusche von klapperndem Geschirr, Gabeln auf Tellern und die Hintergrundmusik aus den Lautsprechern der Beiz. Sie verstehen kein Wort, das Essen ertasten Sie mit der Gabel. So erleben Menschen mit Hörsehbehinderung und Taubblindheit einen Restaurantbesuch – wenn sie keine spezifische Unterstützung erhalten. Denn mit Hilfsmitteln und Assistenz können auch sie dabei sein und Essen in Gesellschaft geniessen.

„Zu Tisch! – mit Hörsehbehinderung und Taubblindheit“ ist eine Aktion des SZBLIND, der Tanne, der Taubblindenhilfe und der FRSA zum Tag der Taubblindheit 2022, die auf die gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Hörsehbehinderung aufmerksam macht.

In den zwei Aktionswochen, vom 13.-27. Juni, werden in verschiedenen Restaurants in der Schweiz Tischsets aufliegen, die die Besucherinnen und Besucher dazu auffordern einen kleinen Selbstversuch zu machen: In das Tischset aus Karton eingestanzt ist eine Brille, die eine starke Sehbehinderung simuliert. Der Text auf dem Tischset schildert die Aktion und fordert dazu auf, die Brille herauszutrennen und später beim Essen aufzusetzen. So können die Besucherinnen und Besucher auf freiwilliger Basis erleben, wie es ist, blind bzw. mit Sehbehinderung zu essen. Beim Personal kann Ohropax angefragt werden, so dass auch eine Hörbehinderung simuliert werden kann.

Die Aktionswoche wird von den Medien begleitet und in Social Media präsent sein. Food-Influencer und NZZ Redakteur Richi Kägi wird mit einer taubblinden Person Essen gehen und darüber berichten. Besuchen auch Sie eines der Restaurants und machen bei der Aktion mit. Auf www.tag-der-taubblindheit.ch finden Sie die teilnehmenden Restaurants.