Hörbuch-Tipp


Cécile Tlili: Ein Sommerabend
Claudia bereitet sich an einem drückend heissen Sommertag darauf vor, Freunde ihres Mannes Étienne zu bewirten. Rémi ist schon eine Dreiviertelstunde vor seiner Frau Johar bei Claudia und Étienne eingetroffen und hat die Gastgeberin mit einem Witz über ihr gerötetes Gesicht in Verlegenheit gebracht, als Johar endlich auftaucht. Schnell wird klar, dass Étienne Johar nur deshalb eingeladen hat, weil er sie dazu bringen will, ihn bei der nächsten Firmenübernahme ihrer Organisation als Berater anzustellen. Er verschweigt dabei, wie dringend er dieses Mandat tatsächlich braucht. Und lässt seine Angst und Anspannung an der ohnehin schon völlig eingeschüchterten Claudia aus. Die trägt ein Geheimnis unter dem Herzen, und Rémi jemand anderen als Johar im Herzen.
Man ahnt es vom ersten Moment an: Dieses Abendessen ist ein bis zum Bersten gefülltes Pulverfass. Die Erzählperspektive wechselt übergangslos von einer Figur zur nächsten. Das verschafft dem Leser das wohlige Vergnügen der Allwissenheit, während die vier Figuren noch eine ganze Weile im Dunkeln tappen, in Fettnäpfchen treten, sich lächerlich und unbeliebt machen, sich peinlich anbiedern, mit weitreichenden Entscheidungen und langjährigen Verletzungen ringen, und sich schliesslich mit neuen Verlusten und dramatischen Veränderungen konfrontiert sehen. Der Erstlingsroman der Französin Cécile Tlili ist ein überaus kurzweiliges und zumindest für den aussenstehenden Leser höchst unterhaltsames Kammerspiel.

Tlili, Cécile: Ein Sommerabend
Zürich: Kein & Aber, 2024. Ausleihe: DS 60847

Braille-Tipp



Stefanie Gregg: Das Glaskind
Maya ist Ärztin in Hamburg. Ein Anruf bringt ihr geordnetes Leben durcheinander. Ihre Mutter hatte einen Unfall und liegt im Spital. Was bedeutet, dass Mayas erwachsener Bruder Tobias allein ist. Als Autist ist er absolut auf seine Mutter angewiesen. Alles, was seine Routine stört, löst über kurz oder lang einen Anfall aus, den nur Maya zu besänftigen imstande ist. So war es schon immer. Sie fühlt sich verantwortlich und möchte doch ein eigenes Leben führen. Autorin Stefanie Gregg beschreibt diese innere Zerrissenheit ohne Pathos. Was tut man, wenn man weiss, dass ein geliebter Mensch einen braucht? Diese Frage stellt sich Maya, als klar wird, dass sie sich nun um den unselbstständigen Tobias kümmern muss. Maya braucht lange, bis sie Hilfe annimmt und sich nicht mehr unsichtbar fühlt. Ein wichtiges Thema, das Stefanie Gregg in einer leicht lesbaren und dabei sehr berührenden Familiengeschichte zur Sprache bringt.

Gregg, Stefanie: Das Glaskind
Berlin: Aufbau Taschenbuch, 2025. 3 Bd. 361 S. Ausleihe: BG 41894

Information


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