Abstimmungsschablone für ­Menschen mit Sehbeeinträchtigung erstmals im Einsatz

Eine Abstimmungsschablone liegt auf einem Tisch. Eine Frau ist in Nahaufnahme zu sehen, wie sie eine Antwort ausfüllt.
Geheim abstimmen – mit der Abstimmungsschablone / Bild: Damian Imhof

Mit dem Pilotbetrieb der Abstimmungsschablone im Kanton Zürich wird ein wichtiges politisches Versprechen eingelöst: Erstmals können Menschen mit Sehbeeinträchtigung oder Blindheit ihre Stimme geheim und selbstbestimmt abgeben – ein Erfolg, dessen Ursprung in einer Initiative des SZBLIND und der Motion «Stimmgeheimnis. Ein Recht für alle» von 2022 liegt. Nach der Testphase ist ein schweizweiter Einsatz der Schablone geplant.

Von Kathrin Schellenberg, Chefredakteurin tactuel

Für stimmberechtigte Menschen mit Sehbeeinträchtigung oder Blindheit war es bislang nur mit sehender Hilfe möglich, ihre politischen Rechte wahrzunehmen – das Stimmgeheimnis war nicht gewährleistet. Der SZBLIND entwickelte deshalb 2022 als Lösungsansatz einen Prototyp einer Abstimmungsschablone, die es Betroffenen ermöglicht, selbständig und geheim abzustimmen.
Bei der eidgenössischen Volksabstimmung vom 30. November 2025 kam die von der Bundeskanzlei weiterentwickelte Schablone nun im Kanton Zürich erstmals offiziell zum Einsatz. Sie entstand in enger Zusammenarbeit mit Organisationen des Blindenwesens – darunter der SZBLIND und das B. Blinden- und Behindertenzentrum – und wurde für die Pilotphase bereitgestellt. Hintergrund ist die Teilrevision des Bundesgesetzes über die politischen Rechte, die derzeit im Parlament hängig ist. Die staatspolitische Kommission des Nationalrates sprach sich an seiner Sitzung von Mitte August einstimmig dafür aus, dass die Stimmabgabe für Blinde und Sehbehinderte nicht nur erleichtert, sondern auch tatsächlich ermöglicht werden soll. Der Nationalrat folgte in der Herbstsession dem Vorschlag der Kommission. Als nächstes wird sich die staatspolitische Kommission des Ständerates mit dem angepassten Gesetzesentwurf befassen.
Von der Idee zur politischen Realität
Die Entwicklung der Abstimmungsschablone geht auf den SZBLIND zurück. Bereits 2022 forderte Nationalrat Andri Silberschmidt (FDP) zusammen mit Mitunterzeichnenden aller Fraktionen mit der Motion «Stimmgeheimnis. Ein Recht für alle» die Einführung eines solchen Hilfsmittels. Das Parlament hiess die Motion einstimmig gut. Damit war der Weg frei, die gesetzlichen Grundlagen zu schaffen und die Finanzierung zu prüfen.
«Die geplante Anpassung des Bundesgesetzes über die politischen Rechte ist ein entscheidender Schritt: Sie garantiert, dass Selbstbestimmung und Inklusion künftig im politischen Alltag auf nationaler Ebene verwirklicht werden. Das ist ein Erfolg für Menschen mit Sehbeeinträchtigung», sagt Jonas Pauchard, Fachperson Interessensvertretung beim SZBLIND.
Die taktile Abstimmungsschablone besteht aus Karton, ist mehrfach verwendbar und mit Druck- sowie Brailleschrift versehen. Eine beigefügte Anleitung, je eine in Druck- und eine in Brailleschrift, erläutert Schritt für Schritt die korrekte Anwendung. Während des Pilotbetriebs werden die eidgenössischen Stimmzettel im Kanton Zürich speziell angepasst: Eine abgeschnittene Ecke oben links – entsprechend der Schablone – stellt sicher, dass die Zettel korrekt eingelegt werden können. Zur Orientierung enthält die Schablone Schreibhilfen für die Wörter «JA» und «NEIN», die mit einem Stift nachgefahren werden können. Zusätzlich ermöglicht ein QR-Code auf der Schablone und den Anleitungen den barrierefreien Zugang zur digitalen Gebrauchsanweisung sowie zu Informationen über die Abstimmungsvorlagen. Nutzende können die Abstimmungsschablone kostenlos beim SZBLIND bestellen.
Zunächst können die Abstimmungsschablonen nur für eidgenössische Vorlagen verwendet werden. Nach dem Pilotprojekt im Kanton Zürich zieht die Bundeskanzlei zusammen mit der Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürichs, mit dem SZBLIND sowie mit den betroffenen Kantonalverbänden Bilanz. Die Erfahrungen bilden die Grundlage für die schweizweite Einführung, die im zweiten Halbjahr 2026 angegangen wird.
Auch mit der elektronischen Stimmabgabe können die Autonomie und die Inklusion von Menschen mit Behinderungen bei der Ausübung ihrer politischen Rechte gefördert werden. Mehrere Kantone bieten die elektronische Stimmabgabe im Rahmen von Versuchen an, für die sie vom Bundesrat eine Grundbewilligung erhielten.


Weitere Informationen zur Abstimmungsschablone:

Website des Kantons Zürichs zur Abstimmungsschablone:
www.zh.ch/de/politik-staat/wahlen-abstimmungen/so-stimme-ich-ab/abstimmungsschablone.html

Hilfsmittelshop des SZBLIND mit Bestellmöglichkeit der Abstimmungsschablone:
www.szblind.ch/shop


Neues Erklärvideo des SZBLIND

Von Kathrin Schellenberg, Chefredakteurin tactuel

An jeder Schule in der Schweiz gibt es Kinder und Jugendliche mit einer alltagsrelevanten Sehbeeinträchtigung oder Blindheit. Rund die Hälfte der betroffenen Schülerinnen und Schüler besuchen die Regelschule, die andere Hälfte eine heilpädagogische Institution. In beiden Lernumgebungen sind passende Unterstützung und gezielte Massnahmen entscheidend. Ein neues Erklärvideo des SZBLIND sensibilisiert Lehrpersonen und schulische Fachpersonen für das Thema und zeigt ihnen konkrete Wege auf, wie sie betroffene Kinder und Jugendliche erkennen und unterstützen können. Mit dem Bekanntmachen des Videos schaffen wir gemeinsam die Grundlage dafür, dass Kinder und Jugendliche mit Sehbeeinträchtigung ihr Potenzial in der Schule entfalten können.

Hier geht’s zum Erklärvideo

Hier geht’s zum Erklärvideo mit Untertiteln


Ausschreibung für den Preis «Canne blanche»

Preis für innovative Projekte zugunsten blinder, sehbeeinträchtiger und taubblinder Menschen

Eine goldene Statue, die in der rechten Hand einen weissen Stock trägt, ist vor einem blauen Hintergrund zu sehen.
Diese Statue erhält der Gewinner / Bild: SZBLIND

Im September 2026 verleiht der Schweizerische Zentralverein für das Blindenwesen (SZBLIND) den Preis «Canne blanche» zum zehnten Mal. Er zeichnet damit innovative, solidarische und zukunftsgerichtete Projekte zugunsten von blinden, sehbeeinträchtigten und taubblinden Menschen in der Schweiz aus. Auch dieses Mal wird die Öffentlichkeit – anhand eines Publikumvotings – den Sieger unter den Finalisten küren. Die Frist für die Einreichung von Projektvorschlägen läuft bis zum 13. März 2026.

Von Kathrin Schellenberg, Chefredakteurin tactuel

Der Preis «Canne blanche» zeichnet besondere und überragende Leistungen zugunsten blinder, sehbeeinträchtigter und taubblinder Menschen in der Schweiz aus. Die Auszeichnung wird als Preis des Schweizerischen Sehbehindertenwesens vom SZBLIND als Dachorganisation vergeben. Ausgezeichnet werden Projekte aus Bereichen wie ­behindertengerechtes Bauen, Kommunikation, Information, Sozialpolitik, Kultur oder aussergewöhnliche ideelle Einsätze von Personen, Firmen und Organisationen zugunsten betroffener Menschen; Hilfsmittelentwicklungen im technischen und elektronischen Bereich; Forschungen und Veröffentlichungen im medizinischen, sozial- oder humanwissenschaftlichen Bereich.
Eine nationale Fachjury wird aus den eingereichten Nominationen drei Finalisten auswählen. Aus diesen drei Projekten kürt dann die Öffentlichkeit den Sieger. Die Preisverleihung findet am Nachmittag des 15. September 2026 statt.

Projekteingaben können bis 13. März 2026 sowohl von Organisationen, Institutionen wie auch Privatpersonen erfolgen.

Weitere Informationen zum Preis «Canne blanche» sowie zur Einreichung von Projekten finden Sie unter:
www.szblind.ch/canne-blanche