Wie kann die Selbsthilfe die besonderen Bedürfnisse wahrnehmen?

Sehbehinderte Menschen im AHV-Alter bedürfen unserer speziellen Aufmerksamkeit, denn sie kämpfen oftmals mit zusätzlichen Behinderungen, wie Gehbehinderungen, Hörbehinderungen oder kognitiven Einschränkungen. Allein durch die demografische Entwicklung steigt die Zahl der Betroffenen in dieser Altergruppe in den nächsten 20 Jahren weiter.

von Richi Weissen, Schweizerischer Blindenbund

Eine Sehbehinderung bringt betroffene Menschen oft aus dem Gleichgewicht. Sie sind auf fremde Hilfe angewiesen, verlieren ihr Selbstbewusstsein, wichtige soziale Kontakte fallen weg und Bekannte ziehen sich oft zurück. Dies verunsichert die Betroffenen sehr, weshalb sie sich am liebsten verkriechen würden. Diese Menschen müssen behutsam aus ihrer möglichen Isolation herausgeholt werden.

Der Mensch ist ein soziales Wesen. Er orientiert sich gerne an anderen. Für Menschen mit einer Behinderung kann dies zu einer hoffnungslosen Defizit-Bilanz führen, die vor allem aus dem besteht, was nicht (mehr) möglich ist. Erst der Vergleich mit Gleichbetroffenen ermöglicht eine neue Orientierungsbasis. Im Vergleich erkennt man auch, welche Probleme zwingend zur neuen Lebenssituation gehören, und welche hausgemacht sind und vielleicht vermeidbar wären. Gerade Mitbetroffene, die einen guten Weg für sich gefunden haben, spenden Mut und Zuversicht, was sich positiv auf die Integration der eigenen Behinderung auswirken kann.

Und hier beginnt die wertvolle Arbeit der Selbsthilfeorganisationen und ihrer Regionalgruppen und Sektionen. In kleinen Begegnungs- und Erfahrungsgruppen finden Betroffene Kontakte zu anderen sehbehinderten Menschen, hier erhalten sie nützliche Tipps für den Alltag, sie sprechen sich Mut zu, sie helfen einander und motivieren sich gegenseitig. Bei älteren Sehbehinderten ist die Mobilität oft erheblich eingeschränkt, weshalb sie ein Angebot in ihrer näheren Umgebung schätzen.

Altersgerechte Kursangebote: Nahe und individuell
Organisationen, welche in der Altersarbeit tätig sind, bieten heute zahlreiche Kurse an. Meist sind diese aber für sehbehinderte und blinde Menschen nicht zugänglich. Deshalb muss das grosse Kursangebot für gut sehende Menschen, wo immer möglich und sinnvoll, für sehbehinderte und blinde Menschen angepasst werden. Ausserdem müssen die Organisationen im Sehbehindertenwesen in ihrem Kursangebot vermehrt den Fokus auf Kursinhalte legen, welche die Teilnehmer dazu animieren, mehr Selbstbewusstsein zu entwickeln und mehr Selbständigkeit in ihrem Alltag zu erlangen. Um ältere sehbehinderte Menschen zu erreichen, müssen solche Kurse regional in kleinen Gruppen oder im Idealfall sogar individuell angeboten werden, um den individuellen Bedürfnissen zu entsprechen. Für ältere Menschen ist es essentiell, ihr Leben so weit es geht, selbstbestimmt zu leben, ein aktives Leben zu führen, solange es die eigenen Kräfte erlauben und gemeinsam mit anderen immer wieder neue Herausforderungen anzunehmen. Altersgerechte Kursangebote für sehbehinderte und blinde Menschen tragen diesen Aspekten Rechnung.