Ein Interview mit SZB-Geschäftsführer Matthias Bütikofer

von Ann-Katrin Gässlein

Wirkungsmessung ist für eine effektive und effiziente Arbeit ein wichtiger Faktor. Der SZB will diese Methoden in einem Pilotprojekt ab 2013 schrittweise einführen.

Herr Bütikofer, können Sie „Wirkungsmessung“ für mich definieren?

Kurz gesagt ist es die Antwort auf die Fragen: Erreichen wir mit unserer alltäglichen Arbeit im SZB den gewünschten Erfolg? Sind wir in unserer Aufgabenerfüllung produktiv? Und erzielen wir mit unserem täglichen Einsatz die von den Klienten gewünschte Wirkung, den erwarteten Nutzen?

Ist so etwas in einer Non-Profit-Organisation wie dem SZB überhaupt möglich?

Es ist möglich, aber schwierig. Als NPO können wir unseren Erfolg nicht einfach vom Jahresergebnis herleiten. Wenn wir z.B. viele Spenden erhalten, heisst das noch lange nicht, dass wir auch gute Arbeit leisten. In einer Profitorganisation sind diejenigen, die die Leistung beziehen und diejenigen, die die Leistung bezahlen, deckungsgleich. Bei uns kennen sich die Leistungsempfänger – blinde, sehbehinderte und hörsehbehinderte Menschen – und die Leistungsbezahler – Spender und die öffentliche Hand – gegenseitig meist nicht! Im ersten Fall bezahlt der Leistungsbezüger die Leistung nur, wenn sie ihm den gewünschten Nutzen bringt. Wenn aber Dritte die Leistungen bezahlen, können wir die Wirkung nicht über die Umsatzentwicklung messen, sondern einzig über die systematische Messung der Erfüllung unserer inhaltlichen Ziele.

Wie lässt sich „Wirkung“ denn überhaupt messen?

Grundsätzlich gibt es zwei Sorten von (Mess-)Ergebnissen: Eine zielt auf die Produktivität ab: Wenn wir beispielsweise bei gleichbleibendem Mitteleinsatz, gemessen am Vorjahr, mehr Beratungsstunden leisten, mehr Hilfsmittel verkaufen, oder mehr Kursbesucher aufweisen – so ist unsere Produktivität gut. Über die Wirkung, die Qualität unserer Arbeit, sagt dies aber noch nichts aus. Wir wollen ja nicht nur möglichst viel Leistung erbringen, sondern bei den Klienten auch einen möglichst hohen Nutzen erzielen. Bei einem Hilfsmittel, wie einer individuell angefertigten Brille, kann man dies beispielsweise so definieren: Der Träger der Brille kann pro Tag nunmehr drei Stunden länger Lektüre betreiben. Nach einem O&M-Training könnte das Wirkungsziel lauten: Der Klient kann angstfrei alleine den Weg zu seiner Arbeit finden.

Wie verhalten sich diese beiden Messgrössen zueinander?

Die Produktivitätsfaktoren lassen sich oft in Kennzahlen erfassen, während die Beurteilung der Erreichung der Wirkungsziele stark von der Beurteilung durch die Klienten selbst abhängt. Eine Krux ist, dass die beiden Messgrössen zum Teil auch miteinander kollidieren. Wenn wir beispielsweise taktile Uhren aus billiger Produktion einkaufen, so erzielen wir möglicherweise einen hohen Absatz – aber angenommen, die Uhren gehen nach durchschnittlich drei Wochen kaputt, ist die Wirkung für die Klienten katastrophal.

Wirkungsmessung heisst also nicht, dass alle Mitarbeitenden nun stets kontrolliert werden?

Nein, Wirkungsmessung hat besonders auch einen pädagogischen Wert. Wir möchten bei unseren Mitarbeitenden Methoden hin zur zielgerichteten, bewussten Arbeitsweise weiter fördern. Die Frage danach, was ich erreichen möchte und was ich schlussendlich tatsächlich erreicht habe, löst eine dynamische Reflexion aus – in Richtung der ständigen Verbesserung und Weiterentwicklung unserer Arbeitsweise.

Besten Dank für das Gespräch!

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Ganz Ohr für „Anrüchiges“

von Daniel Wolfer

Wussten Sie, dass unser Geruchssinn die Basis vieler Entscheidungen ist? Dass wir das Liebesglück in erster Linie der Nase und nicht dem Charme oder dem umwerfenden Aussehen verdanken? Und wie ist das bei sehbehinderten Menschen?

An zwei Anlässen in Luzern und Zürich liessen sich die treuen Gönnerinnen und Gönner des SZB genau darüber von zwei Experten informieren; Jean-Claude Richard, Aromatologe und Osmologe, brachte dem aufmerksamen Publikum den enormen Einfluss auf unser Tun sowie die Funktionsweise des Geruchssinns näher. Gerd Bingemann, Jurist, Musiker und sehbehindert, erläuterte währenddessen seine Erfahrung mit der olfaktorischen Wahrnehmung und Parallelen zum Hörsinn: So haben wir in unserem Gedächtnis eine Bibliothek für angenehme, unangenehme oder sogar gefährliche Düfte, welche uns im richtigen Moment erinnert, ein brennendes Haus fluchtartig zu verlassen – lange bevor unser Sehsinn die Gefahr erfasst. Aber auch im Kopf abgespeicherte Geräusche wie quietschende Autoreifen bringen uns dazu, den rettenden Sprung vom Fussgänger-Streifen auf das Trottoir zu machen.

Von besonderem Interesse waren die Pheromone, also jene Moleküle, welche der biochemischen Kommunikation dienen. In ihrer Winzigkeit haben sie unter anderem einen enormen Einfluss auf das Verhalten zwischen Mann und Frau. Obwohl man der Ansicht ist, „Herr der Lage“ zu sein und Entscheidungen bewusst und überlegt zu treffen, zeigte sich hier am deutlichsten, wie irrational unser Handeln generell ist. Zwar kann der Hörsinn diese Art unterbewusste Beeinflussung mit Schwingungen ober- oder unterhalb der Hörschwelle etwas parieren. Doch ging es Gerd Bingemann bei diesem Ping-Pong zwischen Geruchs- und Hörsinn vor allem darum, dem Publikum klar zu machen, dass sehbehinderte Menschen ihre verbleibenden Sinne gezwungenermassen mehr trainieren müssen und sie diese darum besser einzusetzen wissen.

Etwas nachdenklich stimmte letztlich die Tatsache, dass wir verlernt haben, unserer Nase zu vertrauen oder sie in die Irre führen. Denn sowohl dem Verfalldatum von Lebensmitteln wie auch der verführerischen Duftnote eines Parfüms schenken wir oft mehr Beachtung, obwohl wir etwas (oder jemanden) schon lange nicht mehr riechen können. Wir sind auf jeden Fall sicher, dass die Teilnehmenden mit gespitzten Ohren, feiner Nase und mehr Wissen über den Grund der Sinnesausprägungen bei sehbehinderten Menschen den Heimweg antraten.

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Usher-Broschüre auf italienisch

Ein Usher-Syndrom bedeutet eine Gehörlosigkeit oder eine Schwerhörigkeit mit zusätzlicher Sehbehinderung. Die Informationsbroschüre des SZB auf deutsch und französisch liegt neu auch in italienischer Sprache vor. Sie zeigt mit Hilfe von Bildern Regeln auf, die beim Umgang und dem Kommunizieren mit hörsehbehinderten Personen beachtet werden sollen.