Auszeichnung für Kinoerlebnis für blinde und sehbehinderte Menschen

Von Carol Lagrange

Als Dachorganisation des schweizerischen Sehbehindertenwesens zeichnet der SZB alle drei Jahre ein Projekt oder Leistungen zugunsten blinder, sehbehinderter und taubblinder Menschen in der Schweiz mit der «Canne blanche» aus. In diesem Jahr wird der Preis für die Umsetzung eines kulturellen Projekts verliehen, mit dem in erster Linie die soziale Integration gefördert wird.

Die bronzefarbene Statue mit dem Stock ist die wichtigste Auszeichnung im Blinden- und Sehbehindertenwesen. Bild: SZB

Die bronzefarbene Statue mit dem Stock ist die wichtigste Auszeichnung im Blinden- und Sehbehindertenwesen.
Bild: SZB

An der Sitzung der Jury vom 2. Juli wurde der Preisträger der siebten «Canne blanche» bestimmt. Dieses Jahr erhielt der SZB acht Projekteingaben, die alle berücksichtigt und einer Jury zur Abstimmung unterbreitet wurden, die aus Fachpersonen der Branche bestand. Nach einer äusserst knappen Abstimmung wurde der Gewinner bekannt gegeben: Es handelt sich um das Westschweizer Projekt «Regards Neufs».

Einen neuen Film ab Kinostart direkt im Kinosaal erleben? Seit September 2011 ist das für sehbehinderte Menschen kein Problem mehr. Der Lausanner Verein Base-Court bietet mit Regards Neufs jährlich vier bis fünf Spielfilme mit Audiodeskription ab dem Mittwoch, der auf den jeweiligen Kinostart folgt. In sämtlichen Vorstellungen kann die Audiodeskription im Kinosaal mit einem Funkempfänger empfangen werden, der kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Begleitpersonen bezahlen keinen Eintritt, damit sie sehbehinderte Personen in ihrer Mobilität unterstützen und das Kinoerlebnis mit ihnen teilen können.

An gewissen Sonntagen bietet der Verein auch Kinovorstellungen mit Audiodeskription-Direktübertragung in den Saal (Programm unter www.regards-neufs.ch) und organisiert jedes Jahr eine zweitägige Veranstaltung rund um das Thema Audiodeskription, die am 12. und 13. September im Quartier Flon in Lausanne stattfindet. Derzeit hat man über die Pathé-Kinokette in Lausanne und Genf Zugang zum Angebot von Regards Neufs. Der Leiter der Vereinigung, Bruno Quiblier, möchte das Angebot an solchen Vorstellungen aber mit Unterstützung seiner Sponsoren noch auf andere Städte in der Westschweiz sowie auch in der Deutschschweiz ausweiten, wobei Bern hier die erste Stadt sein soll.

In drei Jahren haben rund 1’200 ZuschauerInnen die Vorstellungen im Rahmen von Regards Neufs besucht. Bruno Quiblier ist optimistisch und sieht hier noch weiteres Potenzial. Sein Ziel ist es, im kommenden Jahr auch Kinovorstellungen für gehörlose und hörbehinderte Menschen anzubieten.

Das Projekt Regards Neufs leistet einen wichtigen Beitrag für den Zugang zu kulturellen Ereignissen für alle Menschen und wird daher von der Jury als grosser Gewinner mit dem Preis «Canne blanche 2014» ausgezeichnet. Die Preisverleihung findet am 19. September 2014 im Kursaal Bern statt.

Überblick über die anderen sieben eingereichten Projekte:

  1. BSR App
    Die «Bibliothèque Sonore Romande» bietet ihren Abonnentinnen und Abonnenten seit Januar 2012 via Download von der Website oder über eine Gratis-App von Apple Zugang zu sämtlichen Hörbüchern im Daisy-Format.
  1. 1145
    Hierbei handelt es sich um einen kostenlosen Auskunfts-  und Vermittlungsdienst der Swisscom für blinde und sehbehinderte Menschen. Die Nutzung steht allen Personen offen, die über ein ärztliches Attest verfügen, der ihre Behinderung bestätigt, und bietet den Betroffenen mehr Unabhängigkeit bei ihren Recherchen.
  1. Apfelschule
    Die Apfelschule ist ein Netzwerk von blinden und sehbehinderten Personen, die Apple-Produkte nutzen. Ziel der Schule ist es, die bei der Nutzung dieser Produkte erworbenen Kenntnisse und Erfahrungen über Kurse, Diskussionsforen und die Website www.apfelschule.ch weiterzugeben.
  1. Verein Blindenschneesport Arosa
    Der Verein Blindenschneesport Arosa (VBA) organisiert seit 2000 jedes Jahr eine Blindenschneesportwoche, in der betroffene Personen zu erschwinglichen Preisen mit einem ausgebildeten Lehrer in den Genuss von Blindenschneesportunterricht kommen können.
  2.  Stickerei Stickjoe
    Mittels patentierter Sticktechnik können sämtliche Textilien mit Brailleschrift be­stickt werden. Dabei wird die die Ertastbarkeit der einzelnen Brailleschriftpunkte gewährleistet.
  1. Apple
    Der SZB schlug das Unternehmen Apple als Preisträger vor. Apple hatte bei der Ausrüstung seiner Smartphones mit einer integrierten Bedienhilfe Pionierarbeit geleistet. Dank der «VoiceOver»-Funktion, die sich mit einfachen Gesten steuern lässt, ermöglichen die Produkte von Apple vielen blinden und sehbehinderten Personen via Mobilkommunikation einen einfacheren Zugang zu Informationen.
  1. Gellert Hof
    Das neue Alterszentrum «Gellert Hof» für betagte Menschen mit Demenz und Seh­behinderung wurde in Basel gegründet. In dieser im Juli eröffneten Wohngruppe stehen zwölf Pflegeplätze zur Verfügung. Es ist die erste Einrichtung dieser Art in der Schweiz, die auf eine solche Doppelbehinderung spezialisiert ist.