Zum Tod von Gabriel García Márquez

von Valentin Arens

Der kolumbianischen Schriftsteller Gabriel García Márquez ist diesen Frühling im Alter von 87 Jahren gestorben. García Márquez gilt als einer der bedeutendsten, wenn nicht gar als König der spanisch sprachigen Autoren und wird in seiner Popularität einem Cervantes gleichgesetzt.

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„Hundert Jahre Einsamkeit“ begründete seinen Weltruhm. 1982 erhielt er vor allem dafür den Literatur-Nobelpreis. Das sprach- wie bildgewaltige Werk ist geradezu ein Musterbeispiel für den sogenannten magischen Realismus mit dem García Márquez‘ Schaffen fortan in Verbindung gebracht wurde. Die Familiensaga der Buendías aus dem Urwalddorf Macondo ist die biblische Parabel der Geschichte Lateinamerikas, einer verrückten, traurigen Geschichte der Isolation inmitten tropischer Farbenpracht.

„Der Herbst des Patriarchen“ schildert das Leben eines Tyrannen, der, wie Márquez anmerkte, genuin lateinamerikanischen Ausprägung eines quasi-mythologischen Diktators. Die Geschichte wird hier nicht linear, sondern zyklisch erzählt. Die Zeit verliert ihre Gerichtetheit, der Patriarch bleibt allmächtig, noch über den Tod hinaus, der ihn irgendwann zwischen seinem 107. und 232. Geburtstag ereilt.

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Ein weiteres Meisterwerk von García Márquez ist der seinen Eltern gewidmete Roman „Die Liebe in den Zeiten der Cholera“, eine Liebe-auf-den-ersten-Blick-Geschichte mit lebenslangen Komplikationen und einem späten Happy End. Márquez selbst nannte das Buch eine Art Seifenoper, wegen der melodramatischen Drehungen und Wendungen, eine Seifenoper allerdings, die virtuos alle Facetten der Liebe und ihre erotischen Kapriolen widerspiegelt.

García Márquez hat auch eine Art Kriminalroman geschrieben. Natürlich nicht in der üblichen Form. Die Spannung liegt hier nicht in der Suche nach einem Mörder oder einem Motiv, beides ist von Anfang an klar. In der „Chronik eines angekündigten Todes“ geht es um einen Ehrenmord, der eigentlich vermeidbar wäre, doch niemand im Dorf reagiert angemessen. Kriminalistische Spannung ergibt sich allein durch die Frage nach der Schuld. Die Verantwortung für die Tat liegt am Ende bei Kirche und Gesellschaft, die der Gewalt keinen Einhalt gebieten und die Opferung akzeptieren.

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„Leben um davon zu erzählen“ heisst der erste Teil einer ursprünglich auf drei Bände angelegten Autobiografie von García Márquez, die er nicht mehr vollenden konnte. Dennoch zeigt sich schon hier, wie weit der literarische Stoff seines Werkes auf sein Leben zurückgreift. Viele Stellen laden dazu ein, sich noch einmal an die Bücher zu erinnern. Schliesslich sind es die Erinnerungen, die das Leben ausmachen, meint Márquez. Die Grossmutter, Kafka und das politische Erwachen sind dabei die ersten Etappen zum grossen Literaten.

Hörbucher:

  • Der Herbst des Patriarchen, Kiepenheuer und Witsch, 1978. SBS-Ausleihe: DS 15263
  • Die Liebe in den Zeiten der Cholera, Berlin [u.a.]: Aufbau-Verlag, 1988. SBS-Ausleihe: DS 5659
  • Chronik eines angekündigten Todes, Berlin [u.a.]: Aufbau-Verlag, 1982. SBS-Ausleihe: DS 5815
  • Leben um davon zu erzählen, Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag, 2005. SBS-Ausleihe: DS 10305

Hörbuch und Braille:

  • Hundert Jahre Einsamkeit. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch-Verlag, 2004, Punktschrift Ausleihe: BG 22638; Hörbuch Ausleihe: DS 4534